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Kunstbesuch amtlich gestattet

Fahrbereitschaft in Berlin-Lichtenberg darf wieder zu Ausstellungen einladen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Werk des 2013 verstorbenen Künstlers Günther Förg in der Fahrbereitschaft.
Ein Werk des 2013 verstorbenen Künstlers Günther Förg in der Fahrbereitschaft.

Feierliche Stimmung herrscht am Dienstag in der Fahrbereitschaft an der Herzbergstraße in Berlin-Lichtenberg, als Kunstsammler Axel Haubrok, Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) und Stadtentwicklungsstadtrat Kevin Hönicke (SPD) eine Absichtserklärung unterzeichnen. Mit dieser dürfen zweieinhalb Jahre nach dem Verbot durch Hönickes Amtsvorgängerin wieder Ausstellungen auf dem Kultur- und Gewerbeareal stattfinden. »Das Bezirksamt bestätigt hiermit, dass zeitlich begrenzte Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen auf dem Gelände der Fahrbereitschaft durchgeführt werden dürfen«, steht in dem Papier. Außerdem wird Haubrok zugesichert, dass sein Bauantrag für ein Atelierhaus mit Büros sowie der Antrag auf Genehmigung der Nutzung der bereits vor vielen Jahren ausgebauten Dachterrasse auf einem der Gebäude »durch das Bezirksamt ergebnisorientiert weiterbearbeitet« wird.

Im Gegenzug sichert Haubrok zu, dass »die aktuelle starke Nutzung durch gewerbliche Nutzer*innen des produzierenden Gewerbes am Standort« bestehen bleiben wird. Damit solle die »symbiotische Beziehung aus Kunst und Gewerbe« erhalten bleiben. Das Verhältnis von 85 Prozent Gewerbetreibenden und 15 Prozent Kunstschaffenden auf dem Gelände soll gesichert werden.

Dies verweist auf den Kern des Konflikts. Der Grundstücksnutzung im Gewerbegebiet sind rechtliche Grenzen gesetzt. Tischler oder auch Künstler dürfen mit den Werken, die vor Ort entstanden sind, auch werben. »Hat man Sachen, die hier nicht entstanden sind, darf man keine Gäste holen«, erläutert Stadtrat Hönicke und nennt das einen »Widerspruch«. Wirklich gelöst werden kann dieser erst, wenn ein neuer Bebauungsplan für die Fläche erstellt wird. »Die Aufstellungsbeschlüsse für die neuen Bebauungspläne werden noch diese Legislatur erwartet«, versichert Bürgermeister Grunst.

Noch hat Haubrok nur die Absichtserklärung. »De facto kaufen kann ich mir davon gar nichts. Aber es ist ein großer Fortschritt gegenüber allem, was wir hier bisher hatten«, erklärt er. Bis zum Verbot durch das Stadtentwicklungsamt hatte die Fahrbereitschaft eine mündliche Zusage, dass der Ausstellungsbetrieb geduldet wird. »Jetzt habe ich zumindest etwas Schriftliches, worauf ich verweisen kann.« Doch der Kunstsammler äußert Sorge, dass die weiteren Entwicklungspläne, in die seine ganze Familie so viel »Herzblut« gesteckt habe, bei Wechseln im Bezirksamt wieder Makulatur sein könnten. Vom 2. bis 4. Oktober will Haubrok zu einem Tag der Offenen Tür auf das Gelände einladen, unter anderem soll die Ausstellung »Corona Call« mit Fotografien aus Afrika und Europa zum Thema Pandemie zu sehen sein.

»Wir haben im Zuge der Kulturentwicklungsplanung gemerkt, dass das Thema Kultur und Kunst in der Stadtentwicklung zu kurz oder gar nicht vorkommt«, erklärt Bezirksbürgermeister Grunst, der auch für die Kultur im Bezirk zuständig ist. Kulturelle Nutzungen steckten in einem Dilemma, weil sie gerne als temporäre Lösungen gesehen werden, »aber dann gefälligst das Feld zu räumen haben, wenn die Wohnbebauung oder ähnliches näher rückt«.

»Wir brauchen eine Gesamtklärung des Sachverhalts an der Herzbergstraße. Mir ist wichtig, Kunst auch hier zu zeigen und sie nicht als Gegensatz zum Gewerbe zu betrachten«, sagt Grunst. In den 40 Jahren, die er das Gebiet kenne, habe immer eine gemischte Nutzung stattgefunden. »Gerade Berlin ist eine Stadt, die maßgeblich von Kunst und Kultur abhängig ist. Sie ist ein riesiger wirtschaftlicher Faktor.«

Nur einen Steinwurf entfernt liegt der nächste Konfliktpunkt im Gewerbegebiet, das Dong-Xuan-Center. »Es ist eigentlich eine Großhandelsfläche. Einzelhandel dort zuzulassen ist eher unmöglich«, sagt Baustadtrat Kevin Hönicke und verspricht, Lösungen für die Beschäftigten zu finden. »Die politische Zielstellung ist noch in Diskussion«, entgegnet Grunst und spricht von dem Asia-Großmarkt als der »größten zusammenhängenden migrantischen Arbeitsstelle in Deutschland«. Für ihn ist klar: »Politisches Ziel muss die Legalisierung der aktuellen Nutzung sein.« Die Herzbergstraße wird also weiter für hitzige Diskussionen sorgen.

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