Kuba will zurück zur Einheitswährung

Der konvertible Peso CUC soll endlich wieder abgeschafft werden, doch die Dollarisierung schreitet voran

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 4 Min.

Während sich die Hauptstadt Havanna und einige Provinzstädte weiterhin im Corona-Lockdown befinden, haben mutmaßlich geleakte Audiomitschnitte und Dokumente, die seit Tagen in den sozialen Netzwerken zirkulieren, die Debatte um eine bevorstehende Währungsreform auf der Insel angefacht.

Auch in staatlichen Medien war zuletzt auffallend offensiv über das Thema berichtet worden. Mitte August unterstrichen Experten der Zentralbank in der Tageszeitung »Granma« unter dem Titel »Währungsvereinigung am Horizont Kubas« die Notwendigkeit der Währungsunion. Vor wenigen Tagen wiederum erklärte Oscar Luis Hung, Präsident der Nationalen Vereinigung der Wirtschaftswissenschaftler und Buchhalter (ANEC), im kubanischen Fernsehen die geldpolitische Umstrukturierung zur Priorität. Sie sei ein entscheidender Schritt für die Entwicklung des Landes.

»In den vergangenen Wochen gab es viele Anzeichen, dass die Währungsunion bevorsteht, angesichts der vielen Beiträge dazu in den staatlichen Medien«, sagt der kubanische Ökonom Omar Everleny, früher an der Uni Havanna, heute als unabhängiger Berater tätig, gegenüber »nd«.

In Kuba zirkulieren seit 1994 zwei Währungen, neben dem Peso Cubano (CUP) wurde der sogenannte Konvertible Peso (CUC) eingeführt, dessen Wert an den am 26. Juli 1993 legalisierten US-Dollar gekoppelt ist. Seit 2004 ersetzt der CUC den US-Dollar, der seitdem nicht mehr direkt als Zahlungsmittel eingesetzt werden kann. Der offizielle Wechselkurs beträgt 24:1. In der Buchführung von staatlichen Unternehmen und Banken dagegen wird in der Regel mit einem Kurs von 1:1 gerechnet. Dieser doppelte Wechselkurs verschleiert jedoch die wirklichen Produktionskosten und verzerrt unter anderem die wirtschaftliche Einschätzung von Investitionen. Bereits im Oktober 2013 hatte die Regierung daher die Abschaffung der Doppelwährung angekündigt. Die Umsetzung lässt seitdem auf sich warten.

»Als geplant wurde, den CUC abzuschaffen und nur den CUP zu belassen, wurde nicht mit einer solch angespannten wirtschaftlichen Lage wie derzeit gerechnet«, sagt Everleny. Der coronabedingte Einbruch des Tourismus und verschärfte US-Sanktionen haben die Situation verkompliziert und das Land in eine schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise gestützt.

Um dringend benötigte Devisen einzunehmen, eröffnete die Regierung seit Ende Oktober Dutzende staatliche Devisenläden, in denen Lebensmittel, Hygieneprodukte, Haushaltsgeräte oder Autoteile per Kartenzahlung gegen Hartwährungen verkauft werden. Die Regierung spricht von MLC (Moneda Libremente Convertible), frei konvertierbarer Währung. Der Schwarzmarkt für Devisen hat sich seitdem stark ausgeweitet und der CUC gegenüber US-Dollar und Euro an Wert verloren.

Mit der Dollarisierung des Einzelhandels bestehe kein Grund mehr, den CUC beizubehalten, so Everleny, da mit dem MLC faktisch eine neue Währung eingeführt wurde, auch wenn die nicht in bar zirkuliere. Eine Abschaffung des CUC bedeute daher auch nicht das Ende des Zwei-Währungssystems.

Everleny geht davon aus, dass im Zuge der Währungsreform der kubanische Peso (CUP) abgewertet wird. Damit würden Importe teurer und Exporte billiger werden. »Das heißt, dass die Preise steigen werden, denn für die Unternehmen wird es teurer, Produkte einzukaufen und das wird sich im Endpreis niederschlagen.« Auch rechnet er damit, dass Subventionen für Grundnahrungsmittel wegfallen. Deshalb müsse die Währungsreform »unbedingt von einer Lohnreform begleitet werden«, so Everleny. Das sei wohl bereits geplant. »Es wird also ein Paket von Maßnahmen geben. Es geht nicht nur darum, den CUC abzuschaffen, sondern die Löhne zu erhöhen, denn die Preise werden steigen und Subventionen wegfallen.«

Angesichts der zahlreichen Gerüchte um eine unmittelbar bevorstehende Währungsreform sah sich die kubanische Zentralbank Ende vergangener Woche zu einer Stellungnahme veranlasst: »In Bezug auf die Gerüchte, die in sozialen Netzwerken über den angeblichen Beginn der Währungsvereinigung zum 1. Oktober 2020 verbreitet werden, stellt die kubanische Zentralbank klar, dass diese Informationen nicht wahr sind«, hieß es in der in allen staatlichen Medien verbreiteten Erklärung. Wenn es eine Entscheidung gebe, werde diese über offizielle Kanäle mitgeteilt.

Der Anstieg der Infektionszahlen und die Verschärfung der Corona-Maßnahmen könnten die Währungsreform noch mal um einige Wochen verschieben, so Everleny. Dass die Maßnahme demnächst kommt, daran besteht für ihn kein Zweifel. »Jetzt ist der Moment, denn die wirtschaftliche Situation ist so schwierig, dass es schwer vorstellbar ist, dass sie sich in den kommenden Monaten bessert.«

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