Die Eishockeywelt verneigt sich vor Leon Draisaitl

Der 24-jährige Stürmer von den Edmonton Oilers wurde als erster Deutscher zum wertvollsten Spieler der NHL gewählt

  • Maximilian Haupt und Carsten Lappe, Edmonton
  • Lesedauer: 3 Min.

Jetzt fehlt Leon Draisaitl in der NHL nur noch der Stanley Cup. Das Eishockeyidol schlechthin überbrachte Deutschlands bestem Spieler in der Nacht zum Dienstag die Nachricht sporthistorischen Ausmaßes: Wayne Gretzky informierte den 24 Jahre alten Kölner per Videoanruf über seine Auszeichnung als wertvollster Spieler (MVP) in der weltbesten Liga. »Das ist eine große Sache für mich«, sagte Draisaitl glücklich und mit zerzausten Haaren. »Es ist eine große Ehre und ein großartiger Tag für mich, so viel ist klar.«

Der Weltklassestürmer der Edmonton Oilers schreibt in der nordamerikanischen Profiliga weiter Eishockeygeschichte. Niemals zuvor hat ein deutscher Spieler in der NHL den MVP-Status erlangt. Der Sohn des früheren Nationalspielers Peter Draisaitl, der zuvor bereits als erster deutscher Profi der Topscorer in der coronabedingt verkürzten NHL-Hauptrunde geworden war, bekam den MVP-Titel gleich zweimal verliehen: Draisaitl wurde sowohl von den nordamerikanischen Fachjournalisten mit der Hart-Memorial-Trophy als auch von den NHL-Spielern mit dem Ted-Lindsay-Award gekürt. »Die Anerkennung aus dieser Ecke zu bekommen, bedeutet mir viel«, sagte der Doppel-MVP.

Erst einmal war es bislang einem Deutschen gelungen, in einer der großen US-Sportligen MVP zu werden: Basketballlegende Dirk Nowitzki 2007 in der NBA. »Das bedeutet mir viel. Dirk ist jemand, zu dem ich aufschaue, den ich bewundere«, berichtete Draisaitl. »Es ist eine große Ehre, dass ich mit ihm in einer Reihe stehe.« Nowitzki selbst hatte Draisaitl im Juni nach dessen eindrucksvoller Saison bereits den MVP-Titel gewünscht: »Seine Grenze ist der Himmel, denn er ist erst 24 Jahre alt und wird weiter an sich arbeiten. Es ist verdammt hart, den MVP, egal in welcher Liga, zu gewinnen.«

Dass sich die Eishockeywelt vor einem Deutschen verneigt, hat es bis zu Draisaitls Karriere nicht gegeben. Für einige ist der Kölner nun automatisch der beste Spieler der Welt. »Es gibt keine bessere Eishockeyliga als die NHL. Deswegen war Leon in dieser Saison der beste Spieler in der Welt. Das muss man sich einfach mal vorstellen, dass jemand sagen kann, er ist der beste Spieler der Welt«, sagte der ehemalige Bundestrainer und aktuelle Assistenzcoach der Los Angeles Kings, Marco Sturm.

Auch der Deutsche Eishockey Bund (DEB) feierte sein größtes Aushängeschild. »Das ist ein außergewöhnlicher Tag für das deutsche Eishockey«, kommentierte DEB-Präsident Franz Reindl in einer ersten Reaktion. »Superlative sind dafür angemessen, und es erfüllt auch den Verband mit großem Stolz, einen solchen Ausnahmesportler zu haben.« Bundestrainer Toni Söderholm erhofft sich von Draisaitls Meilensteinen weitere Impulse. »Dass ganz generell ein deutscher Spieler ein solche Hauptrunde gespielt hat, gibt anderen Deutschen mit Sicherheit einen Schub. Wenn ein Spieler so etwas Außergewöhnliches leistet, dann wissen auch andere, dass solch eine Leistung für deutsche Spieler möglich ist«, erklärte Söderholm.

Topscorer, MVP, herausragender Spieler nach Abstimmung der Kollegen: Auf persönlicher Ebene hat Draisaitl in der stärksten Eishockeyliga der Welt damit bereits jetzt alles erreicht. Doch auf den ganz großen Wurf, den Gewinn der Meisterschaft in der NHL, musste er auch in dieser Saison verzichten. »Wenn ich diese zwei oder drei Auszeichnungen zurückgeben könnte für einen Stanley Cup, würde ich das binnen eines Herzschlages machen. So wie jeder andere auch, denke ich«, sagte Draisaitl. Aktuell scheint er dafür im falschen Team zu spielen. So spektakulär die Offensive der Oilers mit Draisaitl und Kapitän Connor McDavid auch ist - defensiv hat das Team etliche Schwächen. Überraschend hatte Edmonton die Playoffs wegen eines 1:3 in der Qualifikationsrunde gegen Außenseiter Chicago erst gar nicht erreicht.dpa/nd

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