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Gedeckelter Ökostrom

Wegen eines staatlichen Eingriffs sinkt die EEG-Umlagen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Die EEG-Umlage, mit der die Kosten der Energieversorger auf die Stromverbraucher umgelegt werden sollen, ist seit jeher ein Zankapfel. Der Lobbyverband Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) wollte einst gar das gesamte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), in der die Ökostromförderung und die Umlage geregelt sind, gleich ganz abschaffen. Ansonsten würde Strom unbezahlbar werden und der Wirtschaftsstandort Deutschland in Gefahr geraten, so die neoliberalen Lobbyisten damals.

Acht Jahre später gibt es das EEG in reformierter Form noch immer. Zwar ist die Wirtschaft tatsächlich jetzt in der Krise. Doch liegt das nicht an den Strompreisen, sondern an den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und hausgemachten, strukturellen Problemen. Trotzdem sah sich die Bundesregierung jetzt genötigt, in die Höhe der EEG-Umlage im Sinne der Unternehmen einzugreifen. Man habe im Rahmen des Konjunkturprogramms zur Bewältigung der Corona-Folgen eine Senkung der EEG-Umlage 2021 auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde (kWh) versprochen, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Donnerstag. »Dieses Versprechen lösen wir heute ein«, so der CDU-Politiker. Folglich gab die zuständige Bundesnetzagentur am selben Tag bekannt, dass die Umlage zum Jahreswechsel wie versprochen von 6,756 auf 6,5 Cent sinke.

Ohne den staatlichen Eingriff wäre die EEG-Umlage laut den Stromnetzbetreibern vermutlich auf 9,651 Cent pro Kilowattstunde gestiegen. Die Intervention kostet den Fiskus knapp elf Milliarden Euro. Es ist das erste Mal, dass der Bund mit Steuergeldern in die Höhe der Umlage eingreift. Zudem soll die Abgabe in den kommenden Jahren mit Hilfe von Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gesenkt werden. »Steigen diese Einnahmen, steigen auch die Entlastungen beim Strompreis. Das hat die Bundesregierung im Klimaschutzprogramm 2030 beschlossen«, so Altmaier. Für 2022 verspricht er eine Reduzierung der Umlage auf sechs Cent pro Kilowattstunde.

Die EEG-Umlage ist im Jahr 2003 eingeführt und seitdem mehrfach reformiert wurden. Mit ihr sollte sichergestellt werden, dass Betreiber von Ökostromanlagen für die von ihnen produzierte Elektrizität eine feste Vergütung bekommen. Mittlerweile wird die Förderung aber durch Ausschreibungen vergeben. Mit der EEG-Umlage wollte man die Differenz zwischen anfangs weit aus höheren Produktionskosten für Strom aus Wind- und Sonnenkraft und auf an der Strombörse gezahlten Preisen ausgleichen.

Dies führte zwischenzeitlich zu dem paradoxen Phänomen, das die EEG-Umlage gerade wegen des Zubaus von Ökostrom stieg, weil es unter anderem deswegen zu einer Überproduktion kam, was zu sinkenden Strompreisen führte. Folglich wäre die Umlage dieses Jahr auch ohne den staatlichen Eingriff massiv gestiegen. Denn wegen der Coronakrise wurde weniger Strom benötigt, was auf die Preise drückte. Laut dem Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) macht dies zwei Drittel des eigentlich erwarteten Anstiegs der Umlage aus. Der Rest geht auf den Preisverfall der Energierohstoffpreise und den damit gesunken Grenzkosten der Erdgas- und Kohlekraftwerke zurück. Zudem seien die Windverhältnisse und Sonnenstunden in diesem Jahr überdurchschnittlich, so der Verband.

Die beschlossene Deckelung der EEG-Umlage wirke sich nun zwar positiv auf die Bezahlbarkeit der Stromkosten und auf die Energiewende aus, so BEE-Präsidentin Simone Peter. »Um die niedrigen Strombörsenpreise auszugleichen, die die EEG-Umlage steigen lassen, sind aber bessere Maßnahmen vorhanden.«

Vor allem die Rabatte für die Industrie sind der Ökostrom-Lobbyistin ein Dorn im Auge. So erhielten vergangenes Jahr 2058 Unternehmen Vergünstigungen bei der EEG-Umlage. Sie mussten auf insgesamt 112,1 Terawattstunden Strom nur eine reduzierte Umlage bezahlen. Zum Vergleich: Der gesamte Nettostromverbrauch lag hierzulande bei knapp 580 Terawattstunden. Die Folge ist, dass vor allem private Haushalte und kleine Betriebe die Rabatte über eine höhere Umlage bezahlen müssen.

Zudem sind die von der Bundesregierung anvisierten CO2-Preise laut BEE noch zu niedrig. Das moniert auch der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU): »Um nachhaltig eine ökologische Lenkungswirkung zu erzielen und die Kosten für Endverbraucher zu begrenzen, muss im zukünftigen Abgaben- und Umlagensystem der Faktor der CO2-Intensität eine größere Rolle spielen«, so VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing.

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