Schlechter Deal

Sebastian Bähr über eine Studie zu Rassismus bei Sicherheitsbehörden

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun soll es also doch eine Studie zur Stimmung in den Sicherheitsbehörden geben, vermeldete Vizekanzler Olaf Scholz am Dienstag. Auf den ersten Blick mag man sich freuen: Der vehemente Protest antirassistischer Gruppen und von Polizeigewalt Betroffener in den letzten Monaten zeigt Früchte – die Regierung kann das Problem nicht länger ignorieren und muss eine Faktenbasis erstellen, auf deren Grundlage dann gehandelt werden kann.

Auf den zweiten Blick scheint jedoch viel Skepsis angebracht: Noch sind kaum Details über die Studie bekannt, doch nach ersten Äußerungen soll es weniger gezielt um rassistische Einstellungen von Polizisten gehen – die ursprüngliche Forderung –, sondern mehr um die Untersuchung des Polizeialltags und von Gewalt gegen die Polizei. Ebenfalls brisant: Die SPD hat sich die Zustimmung der Union zur Studie wohl über grünes Licht zum Bundestrojaner für Geheimdienste erkauft. Den einen staatlichen Gefährdern wird also mal auf die Finger und in die Köpfe geschaut – Ausgang ungewiss – , den anderen präventiv mehr Macht zugeschanzt. Klingt nach einem schlechten Deal. Ansonsten ist bereits jetzt klar, dass Konservative und Polizeigewerkschaften die erwartbaren Teilergebnisse so interpretieren werden, dass die Polizei am Ende das wahre Opfer ist.

Natürlich wird es nun Auseinandersetzungen um die konkrete Ausgestaltung der Studie geben – wie unabhängig, kritisch und mit welchem Erkenntnisinteresse die Forscher vorgehen dürfen. Hier sollte die gesellschaftliche Linke mit ihren Ansprüchen nicht klein beigeben. Sie sollte sich aber auch nicht allzu sehr an dieser Nebelkerze der Großen Koalition abarbeiten. Man kann weiterhin auch zivilgesellschaftlich initiierte Studien zu Rassismus in Sicherheitsbehörden organisieren, alternative Modelle gesellschaftlicher Sicherheitssysteme diskutieren – und die Demokratisierung, Verkleinerung oder gar Abschaffung der Polizei fordern.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal