Neue Spannungen zwischen Kuba und den USA

Western Union kündigte an, seine Filialen in Kuba wegen neuer US-Sanktionen zu schließen

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 4 Min.

Am Dienstagabend wurde in Florida deutlich, dass viele dort lebende Exil-Kubaner bei der Wahl für Trump gestimmt haben, die dem Sozialismus in ihrem Herkunftsland traditionell feindlich gesinnt sind. Laut Experteneinschätzung ist der eindeutige Sieg Trumps in dem umkämpfen Staat auf sein Werben um die Latinobevölkerung zurückzuführen. Seine »enge Beziehung« zu den kubanischen und venezolanischen Gemeinden in Miami habe »das Gleichgewicht zugunsten von Trump gekippt«, analysierte etwa Jorge Duany, Leiter des kubanischen Forschungsinstituts an der Universität FIU.

Trumps Vorgänger Obama hatte sich mit seinem Vizepräsidenten Biden an den langjährigen Feind Kuba angenähert, Trump machte dies rückgängig und verhängte zuletzt immer mehr Sanktionen. Die neueste Episode dreht sich um den US-Finanzdienstleister Western Union. Anfang vergangener Woche verkündete das kubanische Finanzinstitut Fincimex, Western Union werde seine 407 Filialen auf Kuba wegen neuer US-Sanktionen ab dem 27. November schließen müssen. Western Union wickelt einen Großteil der Überweisungen von Auslandskubanern an Familienangehörige auf der Insel ab.

Zuvor hatte das US-Finanzministerium verfügt, dass US-Bürger und Unternehmen, »nicht länger berechtigt sind, Überweisungen nach oder von Kuba zu bearbeiten, an denen ein Unternehmen oder eine Unterorganisation auf der Cuba Restricted List beteiligt ist.« Die Cuba Restricted List ist eine vom US-Außenministerium veröffentlichte Liste mit mehr als 200 mit der kubanischen Regierung oder Armee verbundenen Körperschaften und Unternehmen. Die Gewinne aus den Finanztransaktionen kämen überproportional dem kubanischen Militär zugute, begründete US-Außenminister Mike Pompeo den Schritt.

Fincimex, das die Zahlungsabwicklungen von Western Union auf Kuba verarbeitet, ist eine Tochtergesellschaft der Cimex-Unternehmensgruppe, die zur vom kubanischen Militär betriebenen Gaesa-Holding gehört. »Die Entscheidung wird sich erheblich auf den Überweisungsfluss von den Vereinigten Staaten nach Kuba auswirken«, sagt John S. Kavulich, Präsident des in New York ansässigen US-Cuba Trade and Economic Council.

Die Maßnahme der US-Regierung richte sich gegen die kubanisch Familie, so Kubas Außenminister Bruno Rodríguez. »Die Zwangsmaßnahmen der USA gegen unser Land und der Angriff auf die Remesas zielen darauf ab, kubanischen Familien Schaden zuzufügen«, twitterte er. »Die Verschärfung der Blockade in Zeiten der Pandemie zeigt die Verachtung einer Völkermordregierung für das kubanische Volk.« Tatsächlich erfolgen die neuerlichen Sanktionen in einem besonders heiklen Moment: Kuba steckt in einer tiefen Zahlungsbilanz- und Versorgungskrise. Bei einer Unterbrechung der Geldüberweisungen aus dem Ausland dürfte sich die Situation weiter zuspitzen. Das befürchtet auch Lourdes Hernández. Sie ist Rentnerin aus Havanna, möchte ihren richtigen Namen nicht nennen, und erhält monatlich umgerechnet 200 US-Dollar von ihren drei in den USA lebenden Töchtern - viel Geld auf Kuba. Auf Kuba bekommt die Mittsechzigerin eine kleine Witwenrente. »Die reicht vorne und hinten nicht«, sagt sie.

Die in Miami ansässige Havana Consulting Group nimmt an, dass ein Drittel der kubanischen Haushalte Geldüberweisungen erhält. Die betrugen im Jahr 2019 insgesamt geschätzte 3,7 Milliarden US-Dollar. Neben dem Tourismus bilden die Remesas das Rückgrat der kubanischen Wirtschaft. Nicht zuletzt deshalb werden sie von den USA politisiert und angegriffen. »Trump sagt, er wolle keine Gelder für die Militärs, aber wem er wirklich schadet, ist uns einfachen Kubanern«, schimpft Hernández. Ein großer Teil der Remesas kommt über informelle Kanäle oder private Agenturen nach Kuba. »Das Geld wird auf ein Privatkonto in den USA eingezahlt und dann von Privatpersonen hier auf Kuba ausbezahlt«, erläutert Hernández das Prinzip. Anders als bei Western Union laufen diese Transaktionen am Staat vorbei; die Devisen bleiben in den USA. »Ohne Western Union ist das der einzige Weg.«

Man wolle weiterhin Geldtransferdienste nach Kuba anbieten, erklärt Western Union auf Nachfrage. In der Zwischenzeit werde man die Filialen auf der Insel weiter betreiben, hieß es. »Die kubanische Regierung kann Fincimex zu einer eigenständigen oder zu einer nicht mit dem Militär verbundenen Entität machen. Auch könnte sie zulassen, dass eine andere Einrichtung Fincimex ersetzt, beispielsweise eine Bank«, sagt Kavulich. Dem widerspricht Fincimex. Man habe mehr als 20 Jahre in Ausrüstung, Räumlichkeiten, Vorbereitung und Schulung des Personals sowie in die Kommunikationsinfrastruktur investiert, heißt es in einer Erklärung des Unternehmens. »Diejenigen, die die Maßnahmen entworfen haben, wissen sehr gut, dass es in 30 Tagen nicht möglich sein würde, alternative Lösungen zu organisieren.« Hernández hofft trotzdem auf eine solche. »Von den Remesas bezahle ich meine Rechnungen, die Lebensmittel… Wie ich ohne das Geld über die Runden komme? Das ist das Problem.«

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