Risse in der Schweigemauer

Oliver Kern begrüßt die neue Kronzeugenregelung für Dopingbetrüger

Kronzeugen vor Gericht haben etwas von Verrätern. Die Tat haben sie mitbegangen, nun aber kommen sie straffrei oder mit milden Verwarnungen davon, weil sie die Kollegen verpfeifen. Viele Mafiafilme haben uns eingetrichtert, dass man so etwas nicht macht. Lieber Strafe absitzen und Schnauze halten! Doch wenn Justiz und Gesellschaft funktionieren wollen, sind sie auf Mithilfe angewiesen, besonders aus dem Dopingmilieu.

Denn hier wird seit Jahrzehnten geschwiegen. Wenn einer auspackt, dann aus Gewissensbissen, und das kommt äußerst selten vor. Schließlich droht meist trotzdem eine Sperre sowie Geld- oder gar Haftstrafe. Dass das Bundeskabinett nun auch dem Antidoping-Gesetz eine Kronzeugenregelung verpassen will, ist also nur zu begrüßen. Schon bei der Einführung 2015 hatten dies Sportrechtler und -funktionäre eingefordert, waren jedoch abgeblitzt. Betrüger sollten offenbar nicht auch noch belohnt werden.

Nun endlich die Kehrtwende. Denn auch wenn in den vergangenen fünf Jahren einige Doper verurteilt wurden, besonders viele waren es nicht. Entweder liegt das daran, dass hierzulande so gut wie gar nicht mehr gedopt wird - und daran zweifeln viele. Oder die Schweigemauer hielt, weil es keinen Anlass gab, sie einzureißen. Jetzt vielleicht schon.

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.