Ein Klavier, Stacheldraht und Stapel gerodeter Bäume

Pianist Igor Levit will Umweltaktivisten mit Konzert Mut machen / Neubauer: »Große unbequeme Fragen bleiben«

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Dannenrod. Der Pianist Igor Levit hat am Freitag für die Umweltschützer im Dannenröder Wald ein Klavierkonzert gegeben. Es sei ein trauriger Anlass, aber »trotzdem ein Geschenk und ein Glück für mich, hier sein zu können«, sagte der Künstler. Levit spielte direkt an der bereits gerodeten Schneise für den Weiterbau der Autobahn 49 in Mittelhessen. 18 Lautsprecher übertrugen das Konzert zu den Aktivistinnen und Aktivisten, die das Waldstück aus Protest gegen die Rodungen seit einem Jahr besetzt halten.

Levit gab sein Konzert auf Einladung von Greenpeace und »Fridays for Future«. Die Szenerie im Dannenröder Forst hatte an diesem Freitagmorgen etwas Surreales: das schwarze Klavier im Wald, direkt dahinter ein Zaun mit Stacheldraht, der die bereits gerodete, kahle Fläche abgrenzte, auf der sich gefällte Bäume stapelten. Polizeiwagen, Baufahrzeuge und ein Krankenwagen fuhren auf der Trasse entlang, während Levit spielte.

Die Protestierenden hätten mit der Geschichte über den Wald, der verschwindet, die Debatte über den Klimaschutz mit neuem Leben erfüllt, sagte der Starpianist. Er spielte das Lied »Danny Boy« in Anlehnung an den »Danni«, wie die Umweltschützer den Dannenröder Forst nennen.

Außerdem spielte Levit ein improvisiertes Stück und eines, das ein befreundeter amerikanischer Jazzpianist während der Corona-Beschränkungen im Frühjahr für ihn geschrieben hat. Es trägt den Titel »Trees«, Bäume. Er habe es mehrmals gespielt, es habe eine »heilende Wirkung«, sagte Levit. Jetzt im Wald, »in diesem Moment« bekomme es »etwas unglaublich Tragisches«.

»Wir hoffen, dass das Konzert Mut macht, dass es sich für eine bessere Zukunft zu kämpfen lohnt«, sagte die Greenpeace-Waldexpertin Gesche Jürgens. Die Weichen für eine Verkehrswende, für mehr Klimaschutz, den Schutz der Arten und der Ökosysteme hätten schon in den vergangenen 20 Jahren anders gestellt werden müssen, erklärte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer von »Fridays for Future«. Aber selbst wenn der letzte Baum gefallen sei: »Die großen unbequemen Fragen bleiben im Raum.«

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Insgesamt müssen für den Weiterbau der A 49 zwischen Kassel und Gießen 85 Hektar Wald gerodet werden - profitieren tun in besonderem Umgang private Investoren. Auf Twitter teilte die Polizei mit, dass der Abschluss der Rodungen bevorstehe. Im Wald befänden sich noch etwa fünf bis sechs Baumhäuser, sagte ein Umweltschützer, der in einer örtlichen Vogelschutzgruppe aktiv und regelmäßig im Dannenröder Wald ist, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Aktivistinnen und Aktivisten hatten teilweise sehr hohe Baumhäuser und andere Barrikaden errichtet, um die Baumfällungen zu verhindern. epd/nd

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