Werbung

Schritt für Schritt in den harten Lockdown

Die Stimmen für strenge Restriktionen mehren sich - und auch die Bundeskanzlerin ist dafür

Ziemlich viel deutet im Augenblick darauf hin, dass weite Teile Deutschlands auf weitere massive Einschränkungen des öffentlichen Lebens zusteuern. Die Maßnahmen werden vermutlich noch vor Weihnachten ergriffen und danach in einen harten Lockdown übergehen, zumindest dort, wo die Ministerpräsidenten mitziehen. Nachdem Sachsen diesen Weg bereits beschritten hat, andere Bundesländer kräftig an ihren Corona-Stellschrauben drehen, Forderungen der Leopoldina den Druck aus der Wissenschaft auf die Politik erhöhen und am Mittwoch nun auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag für einen harten Lockdown plädierte, scheint es nur noch eine Frage der Zeit bis zu den nächsten Bund-Länder-Beratungen.

Obwohl diese Runde in der bundesrepublikanischen Demokratie gar nicht so nicht vorgesehen ist, hat sie sich seit Beginn der Pandemie jedoch als maßgebliches Gremium in Sachen Pandemie-Bekämpfung etabliert. Zum Unmut zahlreicher Parlamentarier in Bundestag und Landesparlamenten. Die Kanzlerin jedenfalls sei »grundsätzlich offen« für neue derartige Spitzenberatungen erklärte Vizeregierungssprecherin Martina Fietz am Mittwoch. Einen Termin dafür gebe es aber noch nicht. Alle Seiten seien im Gespräch.

Am Morgen hatte Merkel wie bereits einige Male zuvor, wenn sie im Bundestag über die Corona-Lage und die aus ihrer Sicht notwendigen Maßnahmen gesprochen hatte, für ihre Verhältnisse leidenschaftlich für härtere Maßnahmen vor und nach Weihnachten plädiert. »Wir müssen uns jetzt noch mal anstrengen« und das »gemeinsam durchstehen«, so die Kanzlerin.

Schon vor Weihnachten müsse nun entschiedener gegengesteuert werden. Die derzeitige Entwicklung mache ihr Sorgen und es müsse alles getan werden, damit es nicht wieder zu einem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen komme, erklärte Merkel. Daher müsse etwa darüber nachgedacht werden, ob die Ferien nicht doch schon am 16. Dezember beginnen könnten oder auf Digitalunterricht umgestellt werde. In einer Phase bis zum 10. Januar sollten dann Geschäfte geschlossen werden und zudem die Schulferien verlängert oder auf Digitalunterricht umgestellt werden. Merkel schloss sich damit ausdrücklich den Forderungen der Wissenschaftsakademie Leopoldina nach einem bundesweiten harten Lockdown an.

Auch aus den Ländern kamen am Mittwoch weitere Signale der Zustimmung zu einem einheitlichen und härteren Vorgehen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) etwa erklärte: »Angesichts der bundesweiten Situation halte ich es auch für geboten, dass sich die Kanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder noch möglichst in dieser Woche beraten, wie wir zu strengeren Maßnahmen kommen.« Merkel habe dazu im Bundestag Vorschläge gemacht und darüber solle geredet werden, so Schwesig. Auch Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hält eine Verschärfung der Anti-Corona-Maßnahmen für dringend erforderlich. »Ich denke, hier muss man auf die Wissenschaft hören. Und da sind die Appelle sehr eindeutig. Und die Zahlen in Berlin zeigen auch, dass der Lockdown light leider mehr light war als Lockdown«, erklärte Kalayci im RBB.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) plädierte ebenfalls für neue Restriktionen: »Wir brauchen nach Weihnachten einen echten Jahreswechsel-Lockdown, um uns für 2021 wieder eine Perspektive hin zu mehr Normalität zu erarbeiten«, so Laschet. »Von Weihnachten bis zum Ende der Ferien im neuen Jahr kann das Land am ehesten komplett heruntergefahren und so die Ausbreitung der Pandemie effektiv gestoppt werden.« Zugleich seien in diesen Wochen die Schäden für Bildungschancen von Kindern sowie für Wirtschaft und Arbeitsplätze so gering wie in keiner anderen Zeit des Jahres zu halten, argumentiert Laschet.

Kritik an der Vielzahl von Äußerungen, Forderung, Vorschlägen und unterschiedlichen Ankündigungen kommt von der Linkspartei. »Was Bund und Länder gerade abliefern ist ein absolutes Kommunikationsdesaster, welches schnellstens beendet werden muss, damit die Akzeptanz bei den Leuten nicht verspielt wird«, findet Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag. Bund und Länder müssten unverzüglich einen Plan für ein gemeinsames, langfristiges Vorgehen entwickeln. »Und wenn sie sich dafür endlich die Rückendeckung der Parlamente holen, stehen sie mit eventuell unpopulären Maßnahmen auch nicht alleine da«, so Korte. Der Bundestag sei derzeit in einer Sitzungswoche und eine weitere folge. »Wann, wenn nicht jetzt, wäre die Zeit, gemeinsam und mit dem Rückhalt des Parlaments den Großteil der Bevölkerung zu erreichen und für den dringend notwendigen Kampf gegen die Ausbreitung des Virus zu motivieren. «

Im Bundestag wiederum warf Linksfraktionschefin Amira Mohamed Ali der Bundesregierung vor, mit ihrer Ausgabenpolitik die Gräben in der Gesellschaft weiter zu vertiefen: »Ihre Politik, die treibt seit Jahren den Keil der sozialen Spaltung immer tiefer in unsere Gesellschaft, und so machen Sie auch in dieser Pandemie weiter«, so Ali. Und erneuerte die Linke-Forderung nach einer einmaligen Corona-Vermögensabgabe für »Superreiche, Multimillionäre und Milliardäre«. Zudem müsse es »anständige« Löhne und Arbeitsbedingungen in Kliniken, Pflegeeinrichtungen, für Paketzusteller, Lkw-Fahrer und Beschäftigte im Einzelhandel geben. Mit Agenturen

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal