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Kardinal Woelki soll Kindesmissbrauch vertuscht haben
Ein Zeitungsbericht setzt das Kölner Erzbistum unter Druck - schon Vorgänger im Amt habe Fälle nicht an den Vatikan gemeldet
Der katholische Kardinal Rainer Maria Woelki aus Köln hat wohl einen Missbrauchsfall entgegen der Vorschriften nicht an die zuständigen Stellen im Vatikan weitergeleitet, das berichtete der »Kölner Stadtanzeiger« am Donnerstag. Konkret geht es um einen Düsseldorfer Pfarrer, der in den 1970er Jahren einem Kindergartenkind schwere sexualisierte Gewalt angetan haben soll. Die Vorwürfe gegen den 2017 verstorbenen Pfarrer wiegen so schwer, dass diesem nach heutigem Strafrecht eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren drohen würde.
Der Vorfall ist innerhalb der katholischen Kirche seit zehn Jahren bekannt. Damals hatte das Opfer sich bei beim Erzbistum Köln gemeldet. Das Bistum zahlte nach einer Prüfung des Vorfalls 15 000 Euro an das Opfer. Woelki, der seit 2014 Erzbischof von Köln ist, soll im Jahr 2015 verhindert haben, dass der Düsseldorfer Fall weiter verfolgt wird. Er habe die Personalunterlagen des 1929 geborenen Priesters gesichtet und verfügt, dass weder eine kirchenrechtliche Untersuchung noch eine Meldung an den Vatikan erfolgen soll. Das Erzbistum Köln begründete diesen Schritt gegenüber dem »Kölner Stadtanzeiger«, mit dem »sehr verschlechterten Gesundheitszustand« des Pfarrers und einer Weigerung des Opfers, sich an der Aufklärung zu beteiligen. Dies habe eine »kanonische Voruntersuchung« unmöglich gemacht.
Laut dem Tübinger Kirchenrechtler Bernhard Anuth, den die Zeitung in ihrem Bericht zitiert, bietet das Kirchenrecht einen solchen Spielraum allerdings nicht. Missbrauchsfälle müssen gemeldet werden. Geschieht dies nicht, drohen Konsequenzen, die bis zur Amtsenthebung Woelkis reichen können. Der Münsteraner Theologe Thomas Schüller spricht im »Kölner Stadtanzeiger« sogar von einer »unentschuldbaren Verfehlung im Amt«. Besonders brisant ist im aktuellen Fall, dass Woelki den beschuldigten Pfarrer gut kannte. In seiner Priesterausbildung in den 1980er Jahren war er in dessen Pfarrgemeinde als Praktikant und Diakon tätig. Auch danach sei er dem Pfarrer »über Jahrzehnte eng verbunden« gewesen. Woelki soll im Jahr 2011 erstmals von den Vorwürfen erfahren haben und schon damals nichts unternommen haben. Die Vertuschungsvorwürfe gelten auch seinem Vorgänger als Kardinal, Joachim Meisner, der 2017 verstorben ist.
Der Düsseldorfer Fall ist nicht der erste in Woelkis Zuständigkeitsbereich, der diese Woche für Schlagzeilen sorgte. Am Mittwoch hatte die »Bild«-Zeitung über den Fall eines heute 73-jährigen Geistlichen berichtet, der erstmals 1986 auffällig wurde. Auch in den folgenden Jahren soll er immer wieder Kinder belästigt haben. Einer Anklage ging er durch eine Geldzahlung aus dem Weg. In den 1990er Jahren soll er die Mutter eines Opfers durch die Zahlung von 30 000 Euro zum Schweigen gebracht haben. Auch nachdem er 2004 in den endgültigen Ruhestand versetzt wurde, soll dieser Priester »auffällig« geworden sein. Was dies konkret bedeutet, ist nicht bekannt. Woelkis Vorgänger Meisner habe auch in dem Fall nicht mehr unternommen, heißt es in dem Bericht. Er habe den Priester sogar an einem Kinderbuchprojekt beteiligt. Auch Woelki selbst habe eine kirchenrechtliche Untersuchung erst eingeleitet, als es im Jahr 2019 neue Vorwürfe gab. Erst dann seien die Vorfälle an den Vatikan weitergeleitet worden.
In der Vergangenheit hatte Woelki betont, dass er zurücktreten werde, wenn ihm eine persönliche Beteiligung an Vertuschungen nachgewiesen wird. In den letzten Wochen war der Kölner Kardinal vor allem durch seinen allgemein intransparenten Umgang mit Missbrauchsvorwürfen in die Kritik geraten. So wollte er ein Rechtsgutachten zum Missbrauchsskandal unter Verschluss halten und sperrte die Internetseite einer kritischen katholischen Hochschulgruppe.
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