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Kubas unvermeidliche Geldreform
Zum Jahreswechsel schafft die Regierung in Havanna das System der zwei Währungen ab
Auf Kuba wird die angekündigte Währungsreform von der Bevölkerung gelassen aufgenommen. »Die Löhne sollen steigen, die Preise aber auch. Auch die Grundnahrungsmittel werden teurer«, sagt Enrique Delgado aus Havanna mit Blick auf die anstehende Währungsreform. Er arbeitet für eine staatliche Behörde. Nebenbei verdient er Geld mit Taxifahrten, weshalb er seinen richtigen Namen nicht nennen möchte. »Wir müssen uns eben mal wieder auf etwas Neues einstellen«, sagt er achselzuckend.
Zum 1. Januar soll die seit 2013 mehrfach angekündigte Währungsreform nun endlich durchgeführt werden. Das gab Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel Ende vergangener Woche in einer kurzen Fernsehansprache bekannt. Mit der Währungsunion wird der 1994 eingeführte konvertible Peso (CUC), der an den US-Dollar gekoppelt ist, abgeschafft und der kubanische Peso (CUP) als alleinige Währung im Umlauf belassen. Das Ende des CUC wird einhergehen mit einer Lohn- und Preisreform sowie dem Abbau von Subventionen. Löhne, Renten und deren reale Kaufkraft sollen steigen.
»Ab Januar verdiene ich 3620 Pesos. Bisher lag mein Grundgehalt bei 740 Pesos«, rechnet Iván Martínez vor, der sein Geld als Radiotechniker bei einem staatlichen Sender verdient. Sein Freund Luis Marrero, Fassadenkletterer und Arbeiter auf eigene Rechnung, wie Kubas Kleinunternehmer genannt werden, ist bei den anstehenden Gehaltserhöhungen außen vor. »Ich werde aber meine Preise entsprechend erhöhen«, sagt er.
Ab Januar gilt auf Kuba ein Mindestlohn von 2100 Pesos (rund 75 Euro) pro Monat. Der durchschnittliche Lohn im Staatssektor steigt von knapp 900 auf rund 3000 Pesos. Die Mindestrente wird von 280 auf 1528 Pesos angehoben. Das entspricht dem Wert des Grundwarenkorbs, der von der Regierung als Existenzminimum angenommen wird. Die Libreta, das monatliche Rationierungsheft, wird zunächst beibehalten, soll nach den Plänen der Regierung aber schrittweise abgeschafft werden. Viele bisher subventionierte Grundnahrungsmittel werden deutlich teurer. Martínez befürchtet, dass der Mehrverdienst von den Preiserhöhungen aufgefressen wird: »Die Regierung sagt, dass man am Ende mehr Geld in der Tasche haben wird. Das ist gelogen. Wir werden weiterhin von Tag zu Tag über die Runden kommen müssen.«
Auch laut dem kubanischen Ökonomen Ricardo Torres Pérez von der Universität Havanna ist das Risiko einer Inflation »einer der schlimmsten Feinde der Währungsreform«. Tatsächlich gebe es bereits einen starken Preisauftrieb, nicht zuletzt wegen der angespannten Versorgungslage. Auch sei es unwahrscheinlich, dass das Warenangebot kurzfristig durch eine gesteigerte Produktion zunehmen werde.
Dabei wird die Reform auch durchgeführt, damit die Staatsbetriebe mehr produzieren. Für sie wie für den Rest der Wirtschaft gilt künftig ein einheitlicher Wechselkurs zum US-Dollar von 24 zu 1. Faktisch bedeutet dies eine Abwertung des Pesos für staatliche Unternehmen. Die hatten bisher zum Teil mit einem Kurs von 1 zu 1 operiert. Dieses parallele Währungssystem verschleierte aber die wirklichen Produktionskosten, verbilligte Importe künstlich und ließ Exporte unwirtschaftlich erscheinen. Das soll sich ändern.
»Das Ziel, die relativen Preise zu ändern und die Exporte anzukurbeln, ist richtig«, bescheinigt Torres. »Nach vielen Jahrzehnten der Lethargie ist es jedoch unrealistisch zu glauben, dass Unternehmen schnell reagieren können oder dass die beabsichtigte Umstrukturierung ohne Kosten erfolgen wird.« Aus seiner Sicht sind eine beschleunigte Flexibilisierung des Privatsektors sowie die Zulassung kleiner und mittlerer Unternehmen vonnöten, »um das Angebot anzukurbeln«.
Die Reform sei »keine magische Lösung für sämtliche Probleme unserer Wirtschaft«, räumt auch Präsident Díaz-Canel den Folgen ein, sie bilde jedoch die Voraussetzung für den angestrebten Umbau des Wirtschaftsmodells. In den vergangenen Monaten reagierte die Regierung auf die schwere Zahlungs- und Versorgungskrise durch den coronabedingten Einbruch des Tourismus und die verschärften US-Sanktionen mit einer Reihe von Wirtschaftsreformen, darunter mehr Autonomie für Staatsbetriebe und Neuerungen in der Landwirtschaftspolitik. Um dringend benötigte Devisen einzunehmen, eröffnete die Regierung vor einem Jahr staatliche Devisenläden, in denen per Kartenzahlung in ausländischen Währungen bezahlt werden kann.
Seit dieser teilweisen Dollarisierung des Einzelhandels wurde der Peso gegenüber dem US-Dollar stark abgewertet. Auf dem Schwarzmarkt muss man mittlerweile mindestens 36 Peso für einen US-Dollar zahlen. Angesichts dessen meint Torres: »Der angekündigte Wechselkurs von 24 zu 1 korrigiert die Überbewertung des kubanischen Pesos in gewissem Maße, beseitigt sie aber nicht.« Der Wirtschaftsexperte erwartet weitere Abwertungen. Der bereits bestehende Inflationsdruck und die fehlenden Deviseneinnahmen beeinflussten den Erfolg der Währungsreform negativ. »Es ist jedoch ein notwendiger Schritt, auf den zu lange gewartet wurde«, meint Torres. »Es wird gesagt, dass eine Krise unvermeidliche Entscheidungen beschleunigt. Das ist hier der Fall.«
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