+++ Kulturminister: Schulen sollen geschlossen bleiben +++

Der Newsblog zur Coronakrise - Montag, 4. Januar 2021: +++ Auch in Deutschland könnten Impfungen zeitlich gestreckt werden +++ Gedenken an Luxemburg und Liebknecht verschoben +++ Südafrika will im Februar mit Impfungen beginnen +++

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Berlin. Deutschlands Schulen sollen zur Eindämmung der Corona-Pandemie voraussichtlich länger als bislang geplant geschlossen bleiben. Das beschlossen die Kultusminister der Länder am Montag in einer Schaltkonferenz, wie die Kultusministerkonferenz in Berlin mitteilte. Aufgrund des Infektionsgeschehens müssten unter Umständen die im Dezember beschlossenen Maßnahmen in Deutschland oder in einzelnen Ländern fortgeführt werden. Sollte es die Situation in einzelnen Ländern erlauben, sei die Wiederaufnahme des Schulbetriebs in Stufen möglich.

Zuerst sollten dann die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 6 an die Schulen zurückkehren. Durch eine Halbierung der Klassen solle dann für die höheren Klassen Wechselunterricht ermöglicht werden. Abschlussklassen sollen ausgenommen sein, so dass sie sich angemessen auf Prüfungen vorbereiten können. Ursprünglich war ein Lockdown für die Schulen bis Ende dieser Woche vorgesehen.

+++ Auch in Deutschland könnten Impfungen zeitlich gestreckt werden +++

Ebenso wie in Großbritannien könnte die zweite Corona-Impfung auch in Deutschland zeitlich gestreckt werden, um das Präparat mehr Menschen zu verabreichen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lässt diese Möglichkeit prüfen, wie aus einem Schreiben seines Hauses hervorgeht, das der Nachrichtenagentur AFP am Montag vorlag. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach befürwortete dieses Vorhaben. Die SPD forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, zur Produktionsbeschleunigung die Pharma-Unternehmen an einen Tisch zu holen.

Die Ständige Impfkommission des Robert-Koch-Institut solle nach Sichtung entsprechender Daten eine Empfehlung zur möglichen zeitlichen Streckung der zweiten Impfung abgeben, heißt es in dem Schreiben des Gesundheitsministeriums. Darin wird auf die in Großbritannien geübte Praxis verwiesen, den zeitlichen Abstand zwischen der ersten und der zweiten Impfung weit über die in der Zulassung maximal vorgesehenen 42 Tage hinaus zu verlängern.

Durch die kürzlich bekannt gewordene Möglichkeit, aus den Fläschchen mit dem Biontech-Serum jeweils sechs statt der eigentlich fünf Impfungen zu gewinnen, könnten aus den 1,34 Millionen ausgelieferten Fläschchen 1,6 Millionen Impfungen gewonnen werden, heißt es in dem Schreiben weiter. Zudem strebe Biontech eine Verdoppelung der Produktionskapazität an. Dazu diene insbesondere das Impfstoff-Werk in Marburg, wo im Februar mit der Produktion begonnen werden solle.

Lauterbach befürwortete in der »Passauer Neuen Presse« vom Montag die Prüfung einer gestreckten Impfung. Er selbst halte das für richtig. Darüber hinaus forderte Lauterbach, eine schnelle Notfallzulassung des Impfstoffs AstraZeneca zu prüfen, »zur Not auch in Deutschland im Alleingang«.

+++ Oberhofs Bürgermeister will Stadt abriegeln +++

Oberhof. Angesichts eines riesigen Ansturms von Ausflüglern auf Oberhof will Bürgermeister Thomas Schulz die Stadt weitgehend abriegeln. »Es sollen nur noch Leute Zugang haben, die hier wohnen oder arbeiten oder ein berechtigtes Interesse daran hat, hierher zu kommen«, sagte Schulz am Montag auf Anfrage. Er habe dies dem Thüringer Innenminister Georg Meier (SPD) bereits unterbreitet. Am Wochenende waren in Oberhof Straßen zugeparkt, Feuerwehrzufahrten versperrt und Rettungswege blockiert. Oberhof bereitet sich zudem gerade auf zwei Biathlonweltcups vor, von denen der erste Ende der Woche beginnt. Er sehe die Sperrung der Stadt als alternativlos an, sagte Schulz. »Ich habe Verständnis dafür, dass es die Menschen, die Familien mit Kindern in der Pandemie nach draußen drängt. Doch wir wurden überrannt, für den Ort ist die Menschenmasse nicht zu bewältigen.« Es habe sich gezeigt, dass es nicht ausreiche, auf die Vernunft der Menschen zu setzen.

+++ Gedenken an Luxemburg und Liebknecht verschoben +++

Berlin. Die traditionelle Gedenkveranstaltung an die 1919 ermordeten Kommunistenführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ist wegen der Coronakrise verschoben worden. Die Kranzniederlegung und das stille Gedenken sollen nun am 14. März stattfinden, teilte die Partei Die Linke mit. Grund sei die weiterhin sehr kritische Coronalage in Berlin. »Wir halten es daher aus gesundheitlicher und politischer Sicht nicht für verantwortlich, unser jährliches Gedenken in der bekannten Form mit mehreren tausend Teilnehmern im Januar durchzuführen.« Am zweiten Sonntag im Januar treffen sich seit Jahrzehnten tausende Menschen auf dem Friedhof Berlin-Friedrichsfelde und legen an der Grabstätte der beiden Arbeiterführer Kränze und rote Nelken nieder. Der Trauerzug wird von den Spitzenvertretern der Linkspartei angeführt. Parallel zu dem Gedenken gibt es mehrere Demonstrationen und kleinere Kundgebungen. Ob sie in diesem Jahr stattfinden, war zunächst unklar. Luxemburg und Liebknecht wurden am 15. Januar 1919 von Freikorps-Soldaten in Berlin erschossen.

+++ 302 neue Todesfälle +++

Berlin. Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 9847 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 302 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI am Montagmorgen bekanntgab. Eine Interpretation der Daten bleibt weiter schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden. Der Höchststand von 1129 neuen Todesfällen war am Mittwoch (30.Dezember) erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert gemeldet worden - darin waren jedoch 3500 Nachmeldungen enthalten.

Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag am Montagmorgen bei 139,4. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind jedoch enorm: Die höchsten Inzidenzen hatten am Montag Sachsen mit 323,0 und Thüringen mit 251,4. Den niedrigsten Wert hatte Schleswig-Holstein mit 78,2.

+++ Deutschland übertrifft wegen Corona das Klimaziel +++

Berlin. Als Folge der Coronakrise hat Deutschland Experten zufolge das Klimaschutz-Ziel für das Jahr 2020 übertroffen. Der Treibhausgas-Ausstoß habe im vergangenen Jahr 42,3 Prozent unter dem Wert von 1990 gelegen, ergab eine Analyse der Denkfabrik Agora Energiewende, deren Ergebnisse der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Das eigentlich schon abgeschriebene Ziel für 2020 sah 40 Prozent weniger Emissionen als 1990 vor. Den Berechnungen zufolge gingen die Emissionen um über 80 Millionen Tonnen CO2 zurück auf rund 722 Millionen Tonnen. Zwei Drittel dieser Minderung seien aber eine Folge der Corona-Pandemie, ohne sie hätte der Rückgang nur bei etwa 25 Millionen Tonnen gelegen, und das 2020-Ziel wäre verfehlt worden.

+++ Erster Brite mit Astrazeneca-Vakzin geimpft +++

Oxford. In Großbritannien ist die erste Person mit dem Impfstoff der Uni Oxford und des Pharmakonzerns Astrazeneca geimpft worden. Der 82 Jahre alte Dialyse-Patient Brian Pinker aus Oxford habe am Montagmorgen den schützenden ersten Piks in der dortigen Uniklinik erhalten, teilte der britische Gesundheitsdienst NHS mit. »Ich freue mich so, heute die Covid-19-Impfung zu bekommen und ich bin wirklich stolz, dass sie in Oxford erfunden wurde«, sagte Pinker der Mitteilung zufolge. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock bezeichnete den Impfstart mit dem Mittel als »unverzichtbaren Schritt« im Kampf gegen die Pandemie. Großbritannien hatte dem Präparat in der vergangenen Woche eine Notfallzulassung erteilt. Nach dem Biontech/Pfizer-Impfstoff ist es das zweite Corona-Vakzin, das im Land zum Einsatz kommt. Der große Vorteil: Das Mittel aus Oxford kann bei Kühlschranktemperaturen gelagert werden, was die Logistik deutlich vereinfacht. Zu Beginn stehen dem Land gut eine halbe Million Dosen zur Verfügung. In der EU ist der Impfstoff noch nicht zugelassen.

+++ Südafrika will im Februar mit Impfungen beginnen +++

Johannesburg. Das schwer von der Covid-19-Krise betroffene Südafrika will im kommenden Monat mit den Impfungen gegen das Coronavirus beginnen. »Unser Ziel ist der Februar«, sagte Gesundheitsminister Zweli Mkhize am Sonntag mit Blick auf die geplante erste Impfstoffdosen-Lieferung. Zunächst müssten jedoch die Verhandlungen mit den Impfstoff-Herstellern abgeschlossen werden.

Gesundheitsexperten hatten die südafrikanische Regierung zuvor dafür kritisiert, noch nicht mit der Impfkampagne begonnen zu haben. Um die Impfkampagne zu finanzieren, setzt Südafrika auf die Unterstützung der Privatwirtschaft sowie der Krankenkassen. Das Land nimmt zudem an der Covax-Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) teil, die eine gerechte globale Verteilung von Corona-Vakzinen gewährleisten soll.

Die erste Impfstoff-Lieferung über das Covax-Programm würde voraussichtlich aber frühestens im zweiten Quartal dieses Jahres in Südafrika eintreffen. Mehr als eine Million der rund 59 Millionen Einwohner Südafrikas hat sich nach Angaben der Behörden seit Pandemie-Beginn mit dem Coronavirus infiziert. Es ist damit das am schwersten von der Krise betroffene Land Afrikas.

+++ Polen wirbt um Ärzte aus dem Osten +++

Warschau. In der Corona-Pandemie wirbt Polen massiv um Ärzte aus seinen östlichen Nachbarländern. Eine vom Parlament verabschiedete Gesetzesänderung soll die Zulassung von Medizinern aus Ländern außerhalb der EU vereinfachen. »Momentan haben wir schon mehr als 500 Anträge von Ärzten«, sagt Kacper Gasienica-Byrcyn, Chef der Personalagentur Optimus Work. Etwa 80 Prozent kämen aus der Ukraine, weitere 20 Prozent aus Belarus (Weißrussland). Ähnliche Erfahrungen hat auch Krzysztof Inglot von der Firma Personnel Service gemacht. Mehr als 1500 Ärzte seien an Stellen in Polen interessiert.

»Hauptsächlich suchen wir Kardiologen, Lungenärzte, Virologen, Anästhesisten und Internisten.« Seit Polens Beitritt zur EU 2004 sind Tausende Ärzte Richtung Westen abgewandert. Diese Entwicklung und der Sparkurs der Regierung haben das polnische Gesundheitssystem ausgeblutet. Laut dem OECD-Report »Health at a Glance 2020« kamen in Polen im Jahr 2017 auf 100.000 Einwohner 238 Ärzte - so wenig wie in keinem anderen EU-Land.

+++ Japan erwägt neuen Ausnahmezustand für Tokio +++

Tokio. Angesichts gestiegener Corona-Infektionszahlen erwägt Japan erneut die Ausrufung des Ausnahmezustands für den Großraum Tokio - die Vorbereitung für die Olympischen Spiele im Sommer soll aber fortgesetzt werden. Das erklärte der japanische Ministerpräsident Yoshihide Suga am Montag. Die Gouverneure von Tokio und umliegenden Präfekturen hatten seine Regierung zuvor aufgefordert, erneut den Ausnahmezustand für den Großraum Tokio auszurufen, nachdem die Hauptstadt des Landes zu Neujahr einen neuen Rekord von 1337 Neuinfektionen vermeldet hatte.

In Japan galt zuletzt von April bis Ende Mai vergangenen Jahres ein landesweiter Ausnahmezustand, wobei dies keine harten Ausgangsbeschränkungen wie in Europa bedeutete. Vielmehr wurden Firmen wie Restaurants gebeten, früher zu schließen, und die Bürger aufgerufen, möglichst von zu Hause aus zu arbeiten. Der mögliche erneute Ausnahmezustand für Tokio wird noch diese Woche erwartet.

Suga deutete an, dass die Maßnahmen diesmal begrenzt und fokussierter ausfallen könnten. Rechtlich bindend sind die Aufforderungen der Behörden, möglichst zu Hause zu bleiben, bislang nicht gewesen; Strafen bei Nichtbefolgung gibt es nicht. Stattdessen setzt man auf Freiwilligkeit. Die weitaus meisten Bürger des 127-Millionen-Landes tragen zwar Mund- und Nasenschutz.

Doch waren Einkaufszonen im Vorfeld der Neujahrsfeiertage sowie Schreine zu Neujahr überfüllt. Seine Regierung plane eine Gesetzesvorlage, die künftig Strafen bei Verstößen gegen Regeln zum Infektionsschutz ermögliche, erklärte Suga. Die Lage sei weiterhin extrem ernst. Der - im Vergleich zu anderen Ländern weitaus spätere - Beginn der Impfungen soll vorgezogen werden und bis Ende nächsten Monats erfolgen, zunächst bei Mitarbeitern im medizinischen Sektor. Agenturen/nd

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