Twitter schaltet Trump ab

Scheidender US-Präsident verliert wichtigen Kommunikationskanal

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San Francisco. Twitter hat das Konto des scheidenden US-Präsidenten Donald Trump wegen »des Risikos einer weiteren Anstiftung zur Gewalt« dauerhaft gesperrt. Nach dem Sturm des US-Kapitols am Mittwoch hatte der Online-Dienst den Account @realDonaldTrump bereits vorübergehend für zwölf Stunden gesperrt, eine Löschung mehrerer Tweets des Präsidenten gefordert und eine dauerhafte Sperrung bei weiteren Verstößen gegen die Richtlinien des Unternehmens angedroht.

Am Freitag setzte Trump dann zwei Tweets ab, die nach Darstellung von Twitter vom Freitag (Ortszeit) im aktuellen Kontext gegen die Richtlinie zur Verhinderung von Gewaltverherrlichung verstießen. Am Wochenende war der Account Trumps nicht mehr aufrufbar. Auch auf dem offiziellen Konto des US-Präsidenten @potus war kein Tweet mehr lesbar. Twitter war für Trump mit seinen mehr als 88 Millionen Followern jahrelang ein wichtiges Sprachrohr, während seiner Präsidentschaft setzte er nahezu täglich mehrere Tweets ab.

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Bereits am Donnerstag hatten Facebook und Instagram Trumps Konten gesperrt. »Die schockierenden Ereignisse der vergangenen zwölf Stunden zeigen klar, dass Präsident Donald Trump seine verbleibende Amtszeit dafür nutzen will, die friedliche und gesetzmäßige Machtübergabe an seinen gewählten Nachfolger Joe Biden zu untergraben«, erklärte Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Die Sperre gelte »auf unbestimmte Zeit«, mindestens bis zur Amtsübergabe an den Demokraten Joe Biden am 20. Januar.

Trump erklärte laut einem Bericht der »New York Times«, Twitter wolle ihn zum Schweigen bringen. Er verhandele nun mit anderen Websites, zudem erwäge er den Aufbau einer eigenen Plattform. Bald werde es dazu eine »große Ankündigung« geben. Sein Sohn Donald Trump Jr. sprach - auf Twitter - von einem Angriff auf die Redefreiheit.

Die Soziologin Anna-Katharina Meßmer warnte derweil davor, die Rolle der sozialen Medien bei der Mobilisierung von Anhängern des Präsidenten überschätzen. »Trumps Reichweite lag nicht allein an Twitter«, sagte die Projektleiterin Digitale Nachrichten- und Informationskompetenz bei der gemeinnützigen Denkfabrik »Stiftung Neue Verantwortung« dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin. Es sei ein Zusammenspiel mit den klassischen Medien gewesen. Trump habe es wie kein anderer verstanden, diese für sich zu nutzen. »Alles, was er getwittert hat, wurde besprochen und aufgriffen.«

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Die Anbieter der sozialen Medien hätten selbst erst viel zu spät eingesehen, dass sie als Informationsstruktur maßgeblichen Einfluss auf das Funktionieren einer Demokratie hätten. Würden Konten jetzt gesperrt, würde im Endeffekt aber nur Schadensbegrenzung betrieben. Grundsätzlich müssten die großen und etablierten Social-Media-Unternehmen durch bessere Plattformregulierung in Verantwortung genommen werden, forderte Meßmer. Zugleich müsse auch an anderen Stellen wie den Ursachen von Radikalisierung und der digitalen Nachrichtenkompetenz der Menschen angesetzt werden. epd/nd

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