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+++ Verwaltungsgerichtshof kippt bayernweites Alkoholverbot +++

Der Newsblog zur Coronakrise, Dienstag 19. Januar 2021 +++ Ramelow: Debatte um Privilegien für Geimpfte hilft nicht weiter +++ 11.369 Corona-Neuinfektionen und 989 neue Todesfälle gemeldet +++

  • Lesedauer: 6 Min.

München. Der bayerische Verwaltungsgerichtshof hat das von der Landesregierung für ganz Bayern verhängte Alkoholverbot im öffentlichen Raum gekippt. Nach dem Infektionsschutzgesetz sei nur an bestimmten öffentlichen Plätzen ein Alkoholverbot vorgesehen, entschied das Gericht am Dienstag in München. Mit dem pauschalen Alkoholverbot in ganz Bayern habe die Landesregierung die Verordnungsermächtigung des Bundesgesetzgebers überschritten.

Durch das pauschale Alkoholverbot war es seit Dezember nicht mehr erlaubt, im öffentlichen Raum etwa Glühwein zu trinken. Gastronomische Betriebe mit solch einem Außerhausangebot mussten dieses wieder einstellen. Mit der ab sofort geltenden Entscheidung gaben die Richter dem Eilantrag einer Privatperson aus Regensburg statt. Der Kläger wollte auch weitere Regelungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie kippen, damit scheiterte er aber. So sieht der Verwaltungsgerichtshof die Kontaktbeschränkungen, wonach sich Angehörige eines Hausstands nur mit einer weiteren Person treffen dürfen, durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt.

Der Kläger wollte auch die Schließung von Bibliotheken und Archiven kippen. Hier erklärte das Gericht es bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren für offen, ob dies verhältnismäßig ist - bis zu dieser Entscheidung bleibt die Schließung aber. Den Antrag, die 15-Kilometerbegrenzung für tagestouristische Reisen außer Vollzug zu setzen, bewertete das Gericht als unzulässig. Dies begründete die Kammer aber nur damit, dass der Kläger selbst nicht davon betroffen ist, weil diese Maßnahme in Regensburg derzeit nicht gilt. Das Gericht traf aber keine Aussage über die Rechtmäßigkeit der Regelung.

+++ Patientenschützer fordern Kehrtwende bei Pflegeheimen +++

Vor dem Corona-Gipfel an diesem Dienstag haben Patientenschützer Bund und Länder zu einer Kehrtwende beim Schutz von Pflegeheimbewohnern aufgerufen. Ohne eine konsequente Verlegung von Heimbewohnern mit negativem PCR-Test an einen sicheren Ort seien Ketteninfektionen vorprogrammiert, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der »Neuen Osnabrücker Zeitung«. Die heiminterne Trennung von Corona-Infizierten und -Nichtinfizierten sei gescheitert.

Die geplanten Lockdown-Verschärfungen seien zum Schutz der Heime hingegen völlig unzureichend, sagte Brysch weiter. Es müsse ein Ende haben, »dass je nach Region bis zu 90 Prozent der Menschen, die an und mit Covid-19 sterben, Pflegeheimbewohner sind«. Mit nächtlichen Ausgangssperren, verbindlichen Homeoffice-Regeln und FFP2-Masken-Pflicht werde sich daran kaum etwas ändern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten müssten sich endlich der Tatsache stellen, dass »nicht 12.000 Pflegeheime abgeriegelt und damit 900.000 Menschen eingesperrt werden« müssten, sagte der Patientenschützer.

+++ Israel verzeichnet Rekorde bei Impfungen und -Neuinfektionen +++

In Israel sind in der Corona-Krise Höchststände sowohl bei den Neuinfektionen als auch bei den Impfungen registriert worden. Der Corona-Beauftragte des Landes, Nachman Asch, sagte am Dienstag dem Armeesender, am Vortag seien erstmals mehr als 10.000 neue Fälle gemeldet worden. Die exakten Zahlen des Gesundheitsministeriums lagen zunächst nicht vor. Seit Beginn der Pandemie überstieg die Zahl der Neuinfektionen pro Tag erst fünf Mal den Wert von 9000, vier Mal davon in der vergangenen Woche.

Israel steckt inmitten einer dritten Corona-Welle. Das Gesundheitssystem hat die Belastungsgrenze erreicht. Das Land hat etwas mehr als neun Millionen Einwohner, Deutschland etwa neunmal so viele. Dort wurden binnen 24 Stunden zuletzt 11.369 neue Fälle registriert. Seit knapp zwei Wochen gilt in Israel ein Lockdown mit strikten Einschränkungen. Man darf das eigene Haus oder die eigene Wohnung nur in einem Umkreis von 1000 Metern verlassen. Am Dienstag wollte die Regierung über eine Verlängerung beraten.

Nach Angaben von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wurde am Montag zugleich ein Impfrekord erreicht. Wie der Regierungschef via Twitter mitteilte, wurden an dem Tag 186.000 Menschen geimpft. Insgesamt bekamen demnach bislang 2,2 Millionen Menschen eine erste Spritze. Nach Angaben von Gesundheitsminister Juli Edelstein erhielten 422.000 Menschen bereits eine zweite Dosis. Bis Ende März sollen in Israel im Zuge einer massiven Impfkampagne alle Impfwilligen über 16 Jahren geimpft werden. Ende März stehen in dem Land Neuwahlen an.

+++ Ramelow: Debatte um Privilegien für Geimpfte hilft nicht weiter +++

In der Debatte um Privilegien für Menschen, die bereits Corona-Impfungen erhalten haben, hat Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vor falschen Erwartungen gewarnt. »Ich finde, die rechtsphilosophische Debatte kann man gerne führen. Wenn sie aber dazu führt, falsche Erwartungshaltungen zu schüren, finde ich es schwierig«, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld der Bund-Länder-Beratungen zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie. Die Debatte helfe derzeit niemandem weiter.

Der Linke-Politiker machte klar, dass es erstmal genügend Impfstoff brauche. »Ich brauche Serum, damit nach denen, die wir jetzt impfen, die Lehrerinnen und Lehrer die ersten sind, die dann geimpft werden, die Polizeibeamten und die Ordnungsamtsmitarbeiter«, sagte Ramelow.

Ramelow plädierte dafür, Corona-Tests deutlich breiter einzusetzen als bisher. Er wolle bei den Beratungen dafür werben, »dass wir eine allgemeine Testpflicht in den Räumen einführen, wo der Staat verlangt, dass die Menschen anwesend sind - in diesem Fall die Schüler - und wo der Staat der Arbeitgeber ist - in diesem Fall für die Lehrer«, sagte Ramelow. Zudem forderte er, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter regelmäßig testen lassen können.

+++ 11.369 Corona-Neuinfektionen und 989 neue Todesfälle +++

Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 11.369 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 989 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, wie das RKI am Dienstagmorgen bekanntgab. Vor genau einer Woche hatte das RKI 12.802 Neuinfektionen und 891 neue Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.

Der Höchststand von 1244 neuen Todesfällen war am Donnerstag erreicht worden. Bei den binnen 24 Stunden registrierten Neuinfektionen war mit 33.777 am 18. Dezember der höchste Wert gemeldet worden - darin waren jedoch 3500 Nachmeldungen enthalten.

Bei den aktuellen Zahlen ist zu beachten, dass die Daten Nachmeldungen enthalten können - am Vortag hatten manche Bundesländer ihre Daten nur unvollständig oder gar nicht übermittelt. Das RKI schrieb dazu in seinem Lagebericht vom Montagabend: »Aus Rheinland-Pfalz wurden gestern keine Daten übermittelt. Aus Bayern und dem Saarland wurden Daten übermittelt, allerdings sind die Daten nicht vollständig am RKI eingegangen.«

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Dienstagmorgen bei 131,5. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Zahl schwankte danach und sinkt seit einigen Tagen wieder. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind jedoch aktuell enorm: Die höchsten Inzidenzen haben Thüringen mit 256,3 und Sachsen mit 225,7. Den niedrigsten Wert hat Bremen mit 83,2.

Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie 2.052.028 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 19.01., 00.00 Uhr). Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte noch deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 47.622. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 1.716.200 an.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Montagabend bei 0,89 (Vortag: 0,93). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 89 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Agenturen/nd

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