Bildungsarbeiter kämpfen um Verträge

Urteil im Klageverfahren gegen das Unternehmen Goldnetz am Arbeitsgericht soll Hoffnung bringen

  • Kofi Shakur
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Urteil steht noch nicht fest. Es geht Klägerin und Beklagten per Post zu. Aber für die zwanzig Menschen, die sich am Mittwochmorgen vor dem Berliner Amtsgericht zu einer Kundgebung versammelt haben, ist klar, worum es in dem Arbeitskampf, den sie hier unterstützen, gehen muss: »Entfristung für alle« und »Stop Union Busting«, steht auf den Schildern, die sie mitgebracht haben.

Im Gebäude erklärt derweil Sara Kessler, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, dem Vorsitzenden Richter, dass sie und einige ihrer Kolleginnen von einer Projektleiterin der Goldnetz gGmbH unter Druck gesetzt worden seien, weil sie sich gewerkschaftlich engagieren (»nd« berichtete). Als Konsequenz seien ihnen von dem Träger, der Bildungs- und Berufsberatung durchführt, keine neuen Verträge angeboten worden. Der Anwalt der Goldnetz gGmbH, Jörg Schulze-Bourcevet, erklärt hingegen, dass für eine Fortführung des betroffenen Projekts – Berufsberatung für Geflüchtete – keine Ressourcen mehr vorhanden gewesen wären. Es habe zukünftig auch Zugewanderte umfassen müssen. Dafür wiederum seien die angestellten Kolleginnen jedoch nicht qualifiziert gewesen, so der Anwalt.

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Für Kessler und Wittich nur ein Vorwand: Eine Kollegin spricht vier Sprachen, eine andere hat eine Ausbildung in systemischer Beratung.

Karin Pfluger, Geschäftsführerin der Goldnetz gGmbH, teilte dem »nd« per Email mit, dass man nach »Beendigung des Verfahrens gerne zu einer öffentlichen Stellungnahme bereit« sei.
»Was unseren Kolleg*innen bei Goldnetz passiert, ist kein Einzelfall«, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative »Solo, aber nicht allein – Initiative selbstständiger Bildungsarbeiter*innen«. Ihre Erfahrungen würden für Erlebnisse stehen, die es in der Branche ständig gebe – sowohl für Angestellte als auch freiberuflich Arbeitende. »Wenn wir uns absprechen oder gemeinsame Interessen vertreten, verstärkt sich der Druck von außen«, heißt es weiter. Ganze Teams seien so schon aus Bildungsstätten verdrängt worden. »Wer den Mund aufmacht, muss fürchten, keinen neuen Vertrag zu bekommen.«

Charlotte Ciesielski, ehemalige Mitarbeiterin des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, und Mitgründerin des dortigen Betriebsrates, meint, dass Menschen in der Bildungsarbeit »für eine gute Sache kämpfen – für ein demokratisches Miteinander, gegen Rassismus und Antisemitismus, für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft und für Geschlechtergerechtigkeit«. Weil viele Bildungsträger aus ehrenamtlichen Initiativen entstanden seien, würde auch mit gesicherter Finanzierung viel von den Angestellten verlangt. Dagegen brauche es »einen branchenübergreifenden Tarifvertrag mit klaren Entfristungsregelungen«, so Ciesielski.

Michael Wittich vom DGB-Rechtsschutz, der Sara Kessler vertritt, sieht noch viel Handlungsbedarf. »Die Mobilisierung vor dem Gericht ist ein erster Erfolg«, sagte er. Die Auslagerung an freie Träger habe eine Klassengesellschaft in der Bildungsarbeit geschaffen, so der Anwalt. Doch nur, weil die Mittel befristet sind, müsse dies nicht für die Arbeitsverträge gelten. Stattdessen solle es unbefristete Verträge geben, die ein Unternehmen kündigen könne, aber dann nachweisen müsse, dass keine Gelder zur Verfügung stehen.

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