Ohne Flügel stürzt man ab

STANDPUNKT: Aert van Riel zur anstehenden Programmdebatte der Linken

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Kaum hat die Spitze der Linkspartei einen Entwurf für das Wahlprogramm vorgelegt, schon dürfte der Text von verschiedenen Politikern und Medien daraufhin überprüft werden, ob er anschlussfähig an die Forderungen von SPD und Grünen ist. Für das Spitzenpersonal der Linken ist das nicht schlecht. Es will eine realitätsnahe Politik machen und sieht die eigenen Vorschläge durchaus als Angebot, um in eine mögliche grün-rot-rote Koalition einzusteigen.

Diese ist aber aus verschiedenen Gründen derzeit nicht realistisch. Viele Bürger scheinen in dieser Krise auf die seit vielen Jahren regierende Union zu vertrauen. Die SPD steckt in einer Dauerkrise und die Linke stagniert. Für die Grünen geht es in den Umfragen etwas nach unten, seit nicht mehr die Klimakrise, sondern die Corona-Pandemie die Schlagzeilen bestimmt. Im Ergebnis stehen die Parteien, die man zum Mitte-links-Spektrum zählen kann, insgesamt so schlecht da wie lange nicht. Hinzu kommt, dass die Grünen in der Koalitionsfrage eher zu den Konservativen tendieren als zur Linkspartei.

Letztere sollte sich im Wahlkampf auf sich selbst konzentrieren. Sie muss auch aufpassen, dass es zu keinen Verwerfungen kommt, wenn intern über die Außen- und Militärpolitik diskutiert wird. In der Partei gibt es zu deutschen Beteiligungen an möglichen künftigen UN-Friedensmissionen unterschiedliche Haltungen. Die werden bestehen bleiben. Debatten können ertragreich sein. Die Beteiligten sollten sich aber auch bewusst sein, dass die Linkspartei nicht weiter existieren kann, wenn ein Flügel sie verlassen sollte. Dafür ist die Partei insgesamt zu klein. In der Opposition lassen sich die bestehenden Widersprüche besser aushalten. Bei der Übernahme von Regierungsverantwortung wäre die Gefahr hingegen groß, dass es eines Tages zum Bruch kommen könnte.

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