Zulieferer unter Knebelverträgen

Nichtregierungsorganisation legt Liste dreister Handelspraktiken deutscher Supermärkte vor

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 2 Min.

»Lieferanten müssen zahlen, wenn der Supermarkt eine Filiale renoviert, sie bezahlen Abschläge, wenn Erträge hinter den Erwartungen des Handels zurückbleiben, und wenn Waren nicht vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verkauft sind, müssen sie die Kosten ebenfalls mit übernehmen«, beschreibt Marita Wiggerthale das Ergebnis ihrer Befragung zu den Vertragskonditionen deutscher Supermärkte, Discounter, Biomärkte und Drogerien gegenüber ihren Zulieferern. Die Agrarexpertin bei Oxfam Deutschland hat in einer anonymisierten Befragung 100 Rabatt- und Konditionenforderungen zusammengetragen. Die »Knebelliste« zeige, wie Supermarktketten ihre Lieferant*innen durch ausufernde Zahlungen systematisch im Preis drücken und zur Übernahme von Kosten zwingen, die sie eigentlich selbst tragen müssten.

In der Untersuchung werden allerdings weder die Erzeuger*innen noch die Supermärkte benannt, aus Angst, ausgelistet zu werden. Zulieferer berichten von großem Druck, die Situation habe sich in den letzten zehn Jahren verschlimmert. »Die Supermarktketten nutzen ihre Macht aus, um ihren Lieferanten dreiste Konditionen zu diktieren«, so Wiggerthale.

Aktuell wird ein Gesetzentwurf aus dem Hause des Bundeslandwirtschaftsministeriums debattiert. Julia Klöckner (CDU) will damit eine EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken (»Unfair Trading Practices«, UTP) umsetzen. Einige der von Oxfam aufgeführten Praktiken verbietet der deutsche Gesetzentwurf bereits, die Nichtregierungsorganisation fordert aber, unfaire Handelspraktiken generell zu verbieten, so dass Lieferant*innen sich auch über Praktiken beschweren können, die noch nicht in der aktuellen Verbotsliste aufgeführt sind.

Altmaier blockiert weiter beim Lieferkettengesetz
Erneutes Spitzengespräch der Bundesregierung endet ohne eine Einigung

Für die agrarpolitische Sprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, zeigt die Liste dringenden Handlungsbedarf. »Es ist überfällig, dass die Koalition den Katalog der Grausamkeiten lichtet«, sagte sie zu »nd.DerTag«. Aber es müsse auch über eine Verschärfung des Kartellrechts geredet werden »und, wenn alles nichts hilft, auch über Entflechtung«.

Der Handelsverband Deutschland hingegen sieht wegen des »bereits bestehenden und wirksamen Rechtsrahmens« keinen Bedarf an weiteren Regulierungen. Der UTP-Gesetzentwurf gehe zum Teil über EU-Vorgaben hinaus und sollte daher entschärft werden, erklärte ein HDE-Sprecher gegenüber »nd.DerTag«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.