Flirt mit der SPD
Schleswig-Holsteins Grüne werben bei Sozialdemokraten
Schleswig-Holsteins Grüne sind vorgeprescht. Inmitten einer Jamaika-Koalition im Land haben sie ihre Absicht bekundet, nach der diesjährigen Bundestagswahl ein Bündnis mit der SPD zu favorisieren - ebenso nach der Landtagswahl im nächsten Jahr.
Begonnen wurde der neue Flirt durch den Landesvorsitzenden Steffen Regis in einem Interview mit dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag. Vor allem erstaunt dabei der Zeitpunkt für solche Absetzbewegung vom aktuellen schwarz-grün-gelben Regierungsbündnis in Kiel. Er mag allerdings auch taktischen Überlegungen geschuldet sein, um im letzten Abschnitt der Legislaturperiode noch einmal die Muskeln spielen zu lassen.
Regis ergänzte seine Aussage mit dem Zusatz, dass für eine Ehe mit der SPD diese aber »noch ein paar mehr Wählerstimmen in den Topf« legen müsse. Hinter den Kulissen der Grünen sind nicht alle Parteimitglieder mit dieser Richtungsansage ihres Landeschefs zufrieden. Bei Wahlen war man immer gut damit gefahren, vorher keine festen Präferenzen für Wunschkoalitionäre zu verraten.
Die eher links gepolten Sozialdemokraten in Schleswig-Holstein zeigten sich erwartungsgemäß erfreut über so viel Grünen-Sympathie. Die Landesvorsitzende Serpil Midyatli peilt nächstes Jahr nur allzu gerne wieder eine Küstenkoalition an, wie sie bereits von 2012 bis 2017 existierte. Diese beinhaltete auch den Südschleswigschen Wählerverband, die Partei der dänischen Minderheit, als dritten Regierungspartner. Aus grüner Sicht wäre dann aber ein Rollentausch in der Führungsverantwortung erstrebenswert, denn die Partei möchte im Land zwischen den Meeren stärkste Kraft werden, wie es ihr bereits 2019 zur Europawahl gelungen war. Dort hatte sie landesweit mit 29,1 Prozent der Stimmen erstmals die CDU (26,2) und die SPD (17,1) hinter sich gelassen. Mit diesem Selbstbewusstsein geht man nun in die nächsten beiden Wahlen.
Das Gesicht der grünen Landespolitik prägt nach dem Abgang von Robert Habeck 2018 auf den Platz des Bundesvorsitzenden vor allem die 62-jährige Finanzministerin Monika Heinold. Ihr wird das erste Zugriffsrecht auf die Spitzenkandidatur 2022 eingeräumt, noch hat sie sich aber nicht zu ihren Plänen erklärt. Zuletzt hatte der 24 Jahre jüngere Jan Philipp Albrecht, Umwelt-, Agrar- und Energiewendeminister-Nachfolger von Habeck, auf Nachfrage betont, dass auch er es sich zutraut, den Posten als Ministerpräsident auszuüben. Nicht wenige Nordwest-Grüne wünschen sich aber auch Konstantin von Notz, den aktuellen Innen- und Rechtspolitiker in der Bundestagsfraktion.
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