Auf Augenhöhe mit den Möwen

Seit 14. März ist die Region Valencia kein Corona-Risikogebiet mehr. Eine Wanderung auf den Felsen Peñón de Ifach bei Calpe zählt zu den außergewöhnlichsten in Spanien.

  • Fabian von Poser
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Geschichte hat ein unerwartetes Ende: Wir stehen auf dem Gipfel, 332 Meter über dem Meer, blicken über die Küste - und füttern Katzen. Sie fressen alles: Gurkenschnitze, Müsliriegel, Tortilla. Selbst als es ums Wasser geht, streichen sie uns charmant um die Beine. Doch da hört der Spaß auf, denn das Wasser gehört dem, der es hochgeschleppt hat auf das Wahrzeichen der Costa Blanca: den Peñón de Ifach.

Eine kurze, aber wunderschöne Schinderei ist die Tour: Eineinhalb Stunden geht es teilweise steil bergauf. Doch der Anblick gehört zu den imposantesten der spanischen Mittelmeerküste: Wie eine Festung erhebt sich der Felsen Peñón de Ifach über dem Wasser. Von drei Seiten wird er vom Meer umspült. Gibraltar in klein sozusagen, doch der Ausblick ist viel spektakulärer. Hinter uns schimmert tiefblau das Mittelmeer, vorne liegen uns die Hochhausriesen von Calpe zu Füßen. Wie Spielzeug sehen sie von hier oben aus.

Tipps

Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa nach Valencia oder ab Anfang Mai wieder mit Ryanair nach Alicante. Von Valencia sind es cirka 120 Kilometer nach Calpe, von Alicante nur 65 Kilometer.

Einreise: Seit 14. März gilt die Autonome Region Valencia laut Auswärtigem Amt nicht mehr als Corona-Risikogebiet. Vor Reisen dorthin wird nicht mehr gewarnt. 

Beste Reisezeit: Ganzjährig. Für die Wanderung eignen sich am besten die Morgenstunden, vor allem im Sommer. Im Juli/August kann es tagsüber sehr heiß werden.

Besteigung: Zwar steht ein Drehkreuz am Eingang zum Naturpark, dort muss jedoch keine Gebühr entrichtet werden. Bei großem Andrang wird die Zahl der Besucher beschränkt. Der Weg ist gut beschildert. Der Aufstieg dauert etwa 1,5 Stunden. 

Informationen: www.spain.info

Aber fangen wir von vorne an. Wir waren am frühen Morgen mitten in den Hochhausschluchten von Calpe gestartet. Vom Parkplatz führte ein unscheinbarer Weg in weit geschwungenen Kurven bergauf. Links und rechts blühte die Macchia, dufteten Rosmarin, Thymian und Salbei. Immer kleiner wurden die Menschen am Strand, immer kleiner die gelben Ausflugsboote im Hafen, immer schmächtiger die Hochhäuser. Und dann standen wir plötzlich vor einer senkrechten Felswand. Noch bis 1918 war hier Schluss. Damals baute ein reicher Spanier einen 50 Meter langen Tunnel durch den Fels, so dass der Aufstieg auch Ungeübten möglich gemacht wurde.

Seit jeher ist der Ifach das Wahrzeichen der Costa Blanca. Bereits in der Antike diente er als Orientierungsmarke für Seefahrer. An seinem Fuß siedelten schon Iberer, Phönizier, Römer und Byzantiner. Im 20. Jahrhundert war der Fels in Privatbesitz. Noch in den 1970er-Jahren wollte ein wohlhabender Geschäftsmann an seinen Flanken ein Hotel errichten. Doch die Stadt untersagte den Bau. 1986 erwarb die Regierung der autonomen Region Valencia den oberen Teil des Felsens, 1987 erklärte sie ihn zum Naturpark. 1994 wurde die Nordflanke hinzugekauft und in den Naturpark eingegliedert. Seitdem stehen insgesamt 45 Hektar unter Schutz. Damit ist der Parque Natural del Peñón de Ifach einer der kleinsten Europas.

Heute schmückt der markante Fels fast jede Postkarte. Und davon verkaufen sich viele, denn seit in den 1960er- und 1970er-Jahren der Massentourismus wie ein Komet an der Costa Blanca einfiel, erlebt die 25 000-Einwohner-Stadt Calpe zu seinen Füßen einen Boom. Zehntausende Deutsche, Engländer und Holländer besuchen seitdem jedes Jahr die Stadt, viele haben sich hier sogar häuslich niedergelassen. Das milde Klima mit bis zu 300 Sonnentagen zieht sie an. Sie genießen das türkisfarbene Wasser und den feinen Sand der Strände. Im Hafen essen sie Schwertfisch, Garnelen oder Hummer und nippen dazu an ihrem Weißwein.

Auf uns muss der Wein noch warten. Durch den 50 Meter langen Tunnel gelangen wir auf die andere Seite des Felsens. Dahinter wird es anstrengend. Über blank polierten Kalkstein geht es immer weiter bergauf. Begleitet wird die Wanderung vom Geschrei der Weißkopfmöwen. Ein Pärchen füttert direkt am Wegesrand seine Brut. Noch etwas holprig stolpern die beiden Kleinen auf den Klippen herum. Im Frühjahr brüten die Tiere hier zu Tausenden. Die Fauna am Ifach ist einzigartig: 300 verschiedene Tierarten, darunter 60 Vogelarten, wurden hier schon beobachtet. Häufig sieht man Perleidechsen auf den Steinen beim Sonnenbad, dann wieder flitzt ein Kaninchen zwischen den Büschen umher. Endemisch ist die seltene Ifach-Nelke (Silene hifacensis). Nur noch 20 bis 30 Exemplare soll es davon geben.

Je höher man aufsteigt, desto atemberaubender werden die Ausblicke. Noch einmal klammern wir uns an ein Halteseil, noch einmal krabbeln wir über die blank polierten Kalksteine. Dann ist es geschafft. Wir sind auf einer Höhe, die für gewöhnlich den Möwen vorbehalten bleibt. Und den Gipfelkatzen: Die vier haben sich hier eine seltene Nische gesucht. Mittags betteln sie die Wanderer um ein Stück Käse oder Salami aus ihren Brotbeuteln an. Meist mit Erfolg.

Doch wegen der Katzen kommt niemand her, sondern wegen des Ausblicks, denn wohl nirgendwo sonst in Europa liegen Natur und Menschgemachtes so eng beieinander wie hier. Auf der einen Seite strahlt das Mittelmeer, duften Kräuter, krächzen Möwen. Auf der anderen erheben sich wie eine Fata Morgana die gewaltigen Hochhaustürme von Calpe. Der Blick reicht Dutzende Kilometer die Küste entlang bis nach Moraira und darüber hinaus. Bei klarem Himmel soll man vom Gipfel des Ifach sogar die 90 Kilometer entfernte Baleareninsel Ibiza sehen.

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