Eine Pflicht zum Angebot

Bundesregierung einig, dass Betriebe Coronatests zur Verfügung stellen müssen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie viele Unternehmen bieten nun ihren Beschäftigten regelmäßig einen Corona-Schnelltest an? Steht sechs von zehn Beschäftigten ein Test zur Verfügung, wie die Bundesregierung am Freitag erklärte? Planen über 90 Prozent der Unternehmen, Coronatests anzubieten, wie der Industrieverband BDI meint und es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) jüngst als Ziel vorgab?

Auf der einen Seite werden im April sicherlich mehr Tests zur Verfügung stehen als im März. Auf der anderen Seite ist es auch ein großer Unterschied, ob der Chef tatsächlich Tests zur Verfügung stellt oder es nur verspricht. Auf jeden Fall ist um die Frage über eine Pflicht zum Bereitstellen von Tests seitens der Arbeitgeber ein handfester Streit in der Bundesregierung entbrannt, den die SPD offenbar für sich entschied.

»40 Prozent der Beschäftigten bekommen keine Testangebote vom Arbeitgeber. Deshalb müssen wir die Wirtschaft verpflichten, den Beschäftigten einfach und unbürokratisch Testangebote zu machen«, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gegenüber der »Bild am Sonntag«. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz forderte dies. »Nur sechs von zehn Beschäftigten erhalten bislang ein Angebot ihres Arbeitgebers, sich regelmäßig testen zu lassen«, sagte der SPD-Kanzlerkandidat der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung«. »Das ist deutlich zu wenig, unsere Vereinbarung zielte auf eine Testquote von 90 Prozent.«

Medienberichten zufolge einigte sich die Bundesregierung am Montagnachmittag auf die Einführung einer Angebotspflicht. Insbesondere das Wirtschaftsministerium blockierte dies bislang. Zwar sei ein Ausbau der Zahlen nötig, er glaube aber, dass dies auch »ohne neue Regulierungen und Verordnungen« gelinge, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) noch am Freitag. Nun hieß es aus Altmaiers Ressort, dass man »beidrehen« werde, wie der »Spiegel« auf seiner Internetseite am Montag berichtete.

Bei der Opposition rannte SPD-Politiker Hubertus Heil hingegen offene Türen ein: »Zu lange hat die Bundesregierung weitgehend in das Privatleben eingegriffen, Gastronomie und Kulturleben stillgelegt, während viele Branchen ungeregelt weiterlaufen. Die Corona-Testpflicht ist mehr als überfällig«, sagte Jutta Krellmann, Sprecherin für Mitbestimmung und Arbeit der Linke-Bundestagsfraktion, gegenüber »nd.derTag« im Vorfeld der Entscheidung. Ihr zufolge sollten die Angestellten jedoch nicht nur einmal, sondern zweimal pro Woche das Recht auf einen Test auf Kosten des Chefs haben.

Krellmann erinnert daran, dass Heil die Arbeitgeber schon im Januar dazu verpflichten wollte. »Wir als Linke haben das unterstützt. Doch die geballte Lobbymacht aus Union und Arbeitgeberverbänden hat es verhindert«, so Krellmann.

Doch der Arbeitgeberverband BDA sieht eine Testpflicht als »unnötige Bürokratie« an. Der Industrieverband BDI droht, dass Verordnungen »kontraproduktiv« seien. »Das breit getragene Engagement zu Tests wird so gebremst und führt zu Unsicherheit, ob die bereits angestoßenen Testverfahren auch die richtigen sind. Das fördert kein Vertrauen«, erklärte der BDI vergangene Woche. Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer DIHK und der Handwerkerlobby ZDH setzen sie auf Selbstverpflichtung. Diese entfalte ihre Wirkung, die Unternehmen zeigten großen Einsatz, zitierte das »Handelsblatt« denn auch am Montag aus einem Papier der vier Arbeitgeberverbände.

Anders sehen es natürlich die Gewerkschaften. »Es ist schlicht nicht verständlich, weshalb sich Menschen im Privatbereich seit gut einem Jahr bis hin zu ihren Grundrechten einschränken, aber die Regeln für die Arbeitgeber nach wie vor butterweich sind«, erklärte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reiner Hoffmann, der Funke-Mediengruppe. In der Wirtschaft verweigerten bislang 40 Prozent der Arbeitgeber ihren Beschäftigten Testangebote, forderte Verdi-Chef Frank Werneke verbindliche Vorgaben für Betriebe und Kitas. Insbesondere dort, wo mit Subunternehmen und Werkverträgen gearbeitet werde, sei die Situation unzureichend, so der Gewerkschafter.

Aus Sicht der Linke-Politikerin Krellmann reicht eine Angebotspflicht für Chefs allerdings nicht aus. »Es hapert insgesamt beim Corona-Arbeitsschutz, weil niemand den Arbeitgebern auf die Finger schaut«, sagt die Arbeitsschutzexpertin. Deshalb brauche es mehr und zielgerichtetere Arbeitsschutzkontrollen. Dafür sei in der Pandemie zusätzliches Personal hinzuzuziehen.

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