Appell zum Coronatest

Schulleiter fordern mehr Kompetenzen für Schulen im Pandemie-Management

  • Ulrike Wagener
  • Lesedauer: 3 Min.

In Berliner Schulen müssen seit Montag die Lehrer*innen alle Schüler*innen zweimal wöchentlich bei der Durchführung eines Coronaschnelltests beaufsichtigen. Mit einem positiven Ergebnis ist die Teilnahme am Unterricht nicht erlaubt. »Das ist bei uns soweit gut angelaufen«, sagt Karin Stolle, Schulleiterin der Schule an der Jungfernheide, einer Integrierten Sekundarschule (ISS), nach dem ersten Tag der Schultestungen zu »nd«.

Trotzdem ist die Rektorin skeptisch. Stolle ist auch Vorstandsmitglied der Vereinigung der Berliner ISS-Schulleiterinnen und Schulleiter (BISS). Ihre Vereinigung kritisiert in einem Positionspapier den kurzfristigen Strategiewechsel der Senatsverwaltung, die Tests von zu Hause in die Schulen zu verlegen. Sie fordert, dass die Schulgemeinschaft eigenverantwortlich über den Ort der verbindlichen Tests und die Art des Nachweises des Testergebnisses entscheiden können muss. Es könne »sinnvoll sein, die Tests wieder nach Hause zu verlagern, um unnötige Fahrten möglicherweise infizierter Schüler*innen zu vermeiden«, heißt es. Umgekehrt sollten, wenn die Nachweiserbringung nicht gut funktioniere, die Tests wieder in die Schule verlagert werden. So etwas müsste in der Schulkonferenz beschlossen werden.

Momentan würden die Tests an der Schule an der Jungfernheide in vertrauten Gruppen von zehn bis 14 Kindern durchgeführt, erklärt Stolle. Doch viele Lehrer*innen seien ob der hohen Inzidenzzahlen besorgt und hätten Angst, sich zu infizieren, so Stolle. Nachdem die Zulassung für Astra-Zeneca eingeschränkt wurde, war auch das Impfangebot für Lehrkräfte zurückgezogen worden. »Die Beaufsichtigung von Coronatests ist nicht das originäre Feld von Lehrer*innen«, kritisiert die Schulleiterin. Die Beaufsichtigung oder Durchführung der Tests durch medizinisches Fachpersonal würde sie begrüßen. Aber Stolle ist auch realistisch: »So, wie es jetzt läuft, ist es die einfachste Lösung.« Das Ausweichen auf Bürgertests sei nicht überall in der Stadt denkbar, im Bezirk Spandau gäbe es nur wenige Teststellen. Bisher gebe es seitens Hilfsorganisationen nicht ausreichend Spielraum, die Tests an Schulen zu überwachen, so ein Sprecher der Senatsverwaltung. Derzeit sei man im Gespräch mit der Apothekerkammer.

Mehr Spielraum wünscht sich die Schulleiterin nicht nur beim Testen, sondern auch bei der Beschulung selbst. Momentan ist in Berlin das Wechselmodell angezeigt, nachdem jede Klasse in zwei Gruppen aufgeteilt ist. Auch in der Spandauer ISS lernt die Hälfte in Präsenz, die andere Hälfte bekommt Unterrichtsmaterialien und muss diese zu Hause bearbeiten. Beide Gruppen sollen in der Theorie auf dem gleichen Stand sein. Für die Lehrer*innen an der Jungfernheide sei das ein erheblicher Mehraufwand, obwohl Videokonferenzen wegfallen. »Wir hatten hier ein gutes System. Der Großteil der Schüler*innen lernte im ›Schulisch angeleiteten Lernen zu Hause‹, Schüler*innen, die damit Schwierigkeiten haben, kamen in die Schule«, sagt Stolle. Nun sei man zum Wechselmodell verpflichtet und könne weniger auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder eingehen, die unterschiedlich gut mit dem selbstorganisierten Lernen klarkämen. »Die eigenverantwortliche Schule darf keine Worthülse sein. Die Senatsverwaltung kann uns zutrauen, dass wir gute Entscheidungen für unsere Schüler*innen treffen«, so Stolle.

Sorge, dass es zu mehr Chaos im Pandemiemanagement kommt, wenn jede Schule individuell entscheidet, hat sie nicht. »Das bedeutet nicht, dass wir systemfrei arbeiten. Bestimmte Dinge, wie Regelungen für die Abschlussklassen und die Grenze, ab wann Schulen schließen müssen, sollten bundesweit festgelegt werden«, so Stolle. Generelle Kritik äußert sie an der Informationspolitik der Senatsverwaltung: »Die Schulen sollten vor der Presse über veränderte Vorgaben informiert werden.« Die Bildungsverwaltung weist Kritik an der Kommunikation zurück.

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