Traurige Zeiten

Erik Zielke über Merkels Bürgerdialog mit Kulturschaffenden

Mit 14 Vertretern aus dem Kulturbetrieb hat sich die Kanzlerin am Mittwoch in eine 90-minütige Videokonferenz begeben. Sie könne die Probleme ihrer Gesprächspartner - darunter eine Kinobetreiberin und ein Schauspieler - verstehen, hieß es immer wieder. Man sei frustriert wegen der mangelnden Einheitlichkeit - etwa wenn Buchhandlungen in einem Bundesland geöffnet, in einem anderen aber geschlossen waren -, wegen ständig wechselnder Vorgaben, nach denen immer neue Konzepte entwickelt werden mussten, die wiederum nur kurz ausprobiert wurden, wegen geschlossener Veranstaltungsorte, obwohl Ansteckungen doch woanders stattfänden. Alles das könne sie verstehen.

Angela Merkel verfolgt bei ihrer Reaktion auf die Teilnehmer eine einfache Strategie: Infantilisierung der Künstler und Entpolitisierung der Krise. Es sei verständlich, dass die, die ein künstlerisches Handwerk beherrschten, ihre Emotionen ausdrücken wollten, sagt sie. So als ginge es um das Bedürfnis Einzelner, als wäre Kunstausübung bloß ein Hobby.

Es geht aber um eine ökonomische Lebensgrundlage. Man lebe in einer traurigen Zeit, heißt es von Merkel, als wäre der derzeitige politische Umgang mit der Pandemie eine unveränderliche Tatsache wie die Existenz des Virus selbst.

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