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Mietkrise spitzt sich weiter zu
Rund 23 Millionen Menschen sind auf günstige Mietwohnungen angewiesen
Ein »Wahlprogramm-Check Wohnen« zur Bundestagswahl stand im Fokus des 12. Wohnungsbau-Tags. Veranstalter war auch diesmal wieder das »Verbändebündnis Impulse für den Wohnungsbau«, an dem sich neben Vertretern der Immobilien- und Bauwirtschaft auch die IG BAU und der Deutsche Mieterbund (DMB) beteiligen.
Nach dem Deckel kommt der Mietenturbo. Vermietungsportal erwartet deutlichen Anstieg der Berliner Angebotspreise – Senat veröffentlicht neuen Mietspiegel.
Bei aller Heterogenität dieses Bündnisses ist man sich in einer Sache einig: Um den aus den Fugen geratenen Wohnungsmarkt mittelfristig zu stabilisieren, müssen in Deutschland jährlich mindestens 80 000 neue Sozialwohnungen gebaut werden. Dazu kommt ein hoher Anteil an bezahlbaren Wohnungen mit Mieten von 8,50 bis 10 Euro pro Quadratmeter nettokalt. Ergänzt werden müsse dies durch ein Ankaufprogramm von Wohnungen und Belegungsrechten aus dem Altbestand für die soziale Wohnraumversorgung, heißt es in einem Eckpunktepapier des Bündnisses, das am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Berlin präsentiert wurde.
Insgesamt sind bundesweit 12,7 Millionen Haushalte auf eine Wohnung im unteren beziehungsweise mittleren Preissegment angewiesen - immerhin 56 Prozent aller Mieterhaushalte und damit 22,8 Millionen Menschen. Vordringliche Aufgabe der neuen Bundesregierung sei es laut dem Bündnis also, ein »Nachhol-Paket« beim sozialen und bezahlbaren Wohnungsbau zu schnüren. Dafür seien bis 2025 rund zehn Milliarden Euro pro Jahr an Fördergeldern und Zuschüssen des Bundes notwendig. Zielmarke müsse ein Bestand von mindestens zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030 sein, so das Bündnis. Das entspräche ungefähr dem Stand von 2007. Derzeit sind es lediglich etwas mehr als 1,1 Millionen. Und das mit sinkender Tendenz. Statistisch fällt derzeit alle zwölf Minuten eine Wohnung aus der Sozialbindung. Ein Schwund, der durch geförderten Neubau derzeit nicht kompensiert werden kann.
Einig sind die Bündnispartner sich auch bei der Forderung nach Mobilisierung und Beplanung von mehr Bauland durch die Kommunen und einer »Entrümpelung« des Baugesetzbuches. Zudem müsse es eine Offensive zur Digitalisierung für den Bau geben - von der Planung und Genehmigung bis zur Bauausführung. Dies würde den Bauprozess schneller und günstiger machen. Ferner wird eine Regelung für die Kompensation von Kosten der aus Gründen des Klimaschutzes notwendigen energetischen Modernisierung im Wohnungsbestand gefordert. Doch auch die Widersprüche wurden deutlich.
So bezeichnete Axel Gedaschko, Präsident und Geschäftsführer des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), eine stärkere staatliche Regulierung auf dem Wohnungsmarkt als »totalen Rohrkrepierer« und beschwor die »Vielfalt«, die auch börsennotierte Unternehmen einschließe. Andere Branchenvertreter wandten sich auch gegen die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Beschränkung der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Doch genau das sind Kernforderungen vieler Mieterorganisationen, um Mietenexplosion und Verdrängung in vielen Großstädten und Ballungsräumen entgegenzuwirken. Unterschiedliche Interessen wurden auch bei der anschließenden »Wahlkampf-Arena Wohnen« deutlich.
CDU-Generalsekretär Paul Zimiak betonte die Erfolge der Bundesregierung: »Es wurde noch nie so viel für bezahlbaren Wohnraum getan, wie in dieser Legislaturperiode.« Und das müsse weitergehen, Regulierungen wie ein Mietendeckel würden nichts bringen. Dagegen sieht Zimiak das Baukindergeld für Besserverdienende als »Erfolgsgeschichte«. Leitlinie sei ein freier Wohnungsmarkt mit ergänzenden staatlichen Subventionen.
Auch der FDP-Vorsitzende Christian Lindner wandte sich strikt gegen durchgreifende Regulierungen, da diese die »Investitionsbereitschaft strangulieren« würden. Stattdessen bräuchte es bessere Steuerabschreibungen für Investoren und mehr Ausweisung von Bauland, denn »Mieten steigen, weil zu wenig Wohnungen da sind«. Auch die Realisierung des verbreiteten Traums vom Eigenheim müsse gefördert werden.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Kevin Kühnert sieht vor allem die Bodenfrage als Schlüssel, denn die explodierenden Baulandpreise seien auch ein Mietentreiber, »da müssen wir an den Schrauben drehen«. Man müsse »vor die Welle kommen«, um nicht hinterher viel zu hohe Mieten durch Wohngeld und ähnliche Maßnahmen subventionieren zu müssen.
Robert Habeck, Ko-Vorsitzender der Grünen, plädierte ebenfalls für forcierten Neubau. Dabei müssten auch Verdichtungspotenziale, etwa im Geschossaufbau, realisiert werden. Zudem müssten Planungen auch auf »integrativen Stadt-Land-Konzepten« basieren, etwa in Bezug auf die Verkehrsanbindung. Preiswerter Neubau könne vor allem durch eine neue Gemeinnützigkeit gefördert werden.
Janine Wissler, die Ko-Vorsitzende der Linken, bekräftigte die Forderung nach einem bundesweiten Mietendeckel. Das schaffe zwar keine neuen Wohnungen, »verhindert aber die Vernichtung preiswerten Wohnraums«. Beim Neubau müsse jegliche Förderung an die Schaffung dauerhaft bezahlbarer Wohnungen gekoppelt werden, vorzugsweise durch kommunale und gemeinnützige Träger. Im Wahlkampf wird die Mietenpolitik mit Sicherheit eine wichtige Rolle spielen. Die Veranstaltung hat die unterschiedlichen Positionen der Parteien noch einmal deutlich gemacht.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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