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Inkompetenz wird belohnt

Marie Frank über den Abschlussbericht zum Neukölln-Komplex

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn es um die Arbeit der Sicherheitsbehörden geht, entsteht zuweilen der Eindruck: Je dümmer sie sich anstellen, desto lauter der Ruf nach mehr Personal und Geld. So auch beim Neukölln-Komplex: Da versagt der Verfassungsschutz auf voller Linie, wertet die Telefonüberwachung der verdächtigen Neonazis nicht ordentlich aus, will den Hauptverdächtigen zuerst mit einem Polizeibeamten in einer rechten Szenekneipe gesehen haben, um sich dann doch geirrt zu haben. Er trägt weder zur Aufklärung noch zur Verhinderung der Anschläge bei. Doch statt angesichts dieser Inkompetenz die überflüssige Behörde aufzulösen, soll sie noch gestärkt werden. Als müsste schlechte Arbeit noch belohnt werden.

Dabei hätte man hoffen können, dass aus dem NSU-Versagen zumindest ein paar Lehren gezogen werden. Dass der Inlandsgeheimdienst diesen mit aufgebaut hat, statt ihn zu bekämpfen, ist ein offenes Geheimnis. Trotzdem wurde der Verfassungsschutz nach der Selbstenttarnung der Rechtsterrorist*innen und dem offensichtlichen Behördenversagen mit zusätzlichen Millionen Euro und Hunderten Stellen ausgestattet. Statt politischer Konsequenzen gab es also einen finanziellen und personellen Gewinn. Dieses Vorgehen ist nicht nur politisch falsch, sondern auch hochgefährlich. Warum sollte man auch etwas ändern, wenn es doch so lukrativ ist, mit Neonazis zu paktieren?

Genau das gilt es im Fall des Neukölln-Komplexes unbedingt zu verhindern. Die offensichtlichen Fehler in den bisherigen Ermittlungen müssen in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden. Ebenso wie die weiteren offenen Fragen: Woher bekommen die Neonazis all die Informationen über ihre Opfer? Steckt dahinter ein größeres Netzwerk, oder sind wirklich nur Sebastian T. und Thilo P. verantwortlich? Sind Mitarbeiter*innen der Ermittlungsbehörden verwickelt? All diese Fragen sind auch nach dem Abschlussbericht der Expert*innenkommission nicht geklärt. Versäumnisse und Fehler zu leugnen, statt sie aufzuklären, wird das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat jedoch nicht wiederherstellen.

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