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Verständlich, aber brandgefährlich
Birger Schütz über die ukrainische Forderung nach deutschen Waffen
Seit sieben Jahren führen von Moskau unterstützte Separatisten einen blutigen Krieg in der Ukraine und verteidigt Kiew seine Souveränität. 13 000 Menschen kamen bei der andauernden Aggression bisher ums Leben. Doch echtes Interesse an dem Dauerkonflikt in Europas Osten kommt im Westen nur dann auf, wenn die Spannungen wieder einmal überkochen wie zuletzt im Frühjahr. Dann gibt es warme Worte der Unterstützung für die Ukraine, aber auch Mahnungen zu Zurückhaltung und Verhandlungen. Von einer Lösung des Konflikts ist man indes weit entfernt.
Kiew fühlt sich angesichts russischer Truppenaufmärsche und zunehmenden Moskauer Drucks, das ungeliebte Minsker Abkommen umzusetzen, vom Westen alleingelassen. Es verwundert daher nicht, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die von Grünen-Chef Robert Habeck unvorsichtig hingeworfenen und mit niemandem abgesprochenen Überlegungen über Defensivwaffen begierig aufgriff und die Lieferung deutscher Kriegstechnik forderte. Diesen Wunsch zu erfüllen, wäre allerdings grundfalsch und brandgefährlich. Denn mit der Lieferung sogenannter Defensivwaffen - die sich im übrigen eben nicht so leicht von Angriffswaffen unterscheiden lassen, wie Robert Habeck vorgibt - würde Berlin zum Teilnehmer des blutigen Konflikts. Die Rolle als diplomatischer Vermittler zwischen Minsk und Moskau im Normandie-Format wäre endgültig passé.
In den ohnehin angespannten Beziehungen zum Kreml wäre das der Tiefpunkt. Gleiches gilt für die von ukrainischen Falken immer lauter vorgetragene Forderung nach einer Nato-Mitgliedschaft der Ukraine. Dieser zu entsprechen, würde aus dem lokalen Krieg einen Flächenbrand machen. So verständlich der Kiewer Wunsch ist: Nicht Waffen werden den Krieg beenden, sondern Verhandlungen.
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