- Berlin
- Polizeitraining
Anti-Terrorkampf üben in SS-Kasernen
Berlin und Brandenburg planen gemeinsames Polizei-Einsatztrainingszentrum bei Jüterbog
Um die Hauptstadtregion besser gegen die Gefahren terroristischer Gewalt zu wappnen, sollen die Polizeibehörden der Länder Berlin und Brandenburg in absehbarer Zeit gemeinsam auf Bedrohungsszenarien vorbereitet werden. Dafür ist die Schaffung eines gemeinsamen Trainingszentrums geplant, wie Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch im Innenausschuss des Landtages in Potsdam bestätigte.
Der Abgeordnete Matthias Stefke von der Fraktion BVB/Freie Wähler hatte moniert, dass das Parlament erst im Mai aus der Presse erfahren habe, dass beide Länder vorhätten, dieses Zentrum in den verlassenen Kasernen von Forst Zinna (Teltow-Fläming) einzurichten und Aufklärung gefordert.
Konkrete Planungen gebe es noch nicht, sowohl eine Zeitschiene als auch Finanzierungsfragen seien noch nicht konkret zu benennen, sagte Stübgen. Die Schaffung eines solchen Trainingszentrums sei im Koalitionsvertrag von 2019 festgelegt worden. Bei der Standortentscheidung befinde man sich in einer »sehr, sehr frühen Phase«.
Cornelia Lankamp aus dem Referat 43 des Innenministeriums verwies darauf, dass Brandenburg für die Polizeiausbildung bisher auf »kostenintensive Anmietungen« angewiesen sei. Bei der Sondierung habe sich das Kasernenareal bei Jüterbog als möglicher Standort herauskristallisiert. Der Landesbetrieb »Bau und Liegenschaften« sei zunächst mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt worden, deren Ergebnisse erst im 1. oder 2. Quartal 2022 erwartet würden.
Es ist kein schöner Gedanke, dass eine verfallene Militäreinrichtung, die einst den Namen »Adolf-Hitler-Kaserne« trug, künftig für die Anti-Terror-Ausbildung der Polizei hergerichtet wird. Die Linke-Abgeordnete Andrea Johlige machte im Innenausschuss darauf aufmerksam, dass im einstigen »Lager III« in Forst Zinna, das offenbar in der engeren Wahl ist, einst die berüchtigte SS-Leibstandarte gedrillt worden sei. Johlige mahnte einen rechtzeitigen »geschichtssensiblen Umgang« mit diesem Thema an, selbst wenn man nicht von vornherein alle infrage kommenden Kasernen, in denen die SS ihr Unwesen getrieben habe, ausklammern könne. Auch ihr Fraktionskollege Christian Görke verwies darauf, dass das riesige einstige Militärgelände rund um Jüterbog als Konversionsareal für eine Nutzung durch die Polizei durchaus geeignet sei, mahnte aber auch die Prüfung der zahlreich vorhandenen Alternativstandorte an.
Verschiedene Einsatzelemente trainieren die Polizeibeamten derzeit dezentral an Standorten in Liebenberg, Lehnitz (beide Oberhavel), Berlin-Ruhleben oder auch Lehnin (Potsdam-Mittelmark). Für die Schießausbildung stehen diverse Raumschießanlagen zur Verfügung. Nach Angaben der Landespolizei Brandenburg begann die Suche nach einem geeigneten Objekt für ein neues Trainingszentrum nach einer »Bedarfsanzeige der Spezialeinheiten aus dem Jahr 2017«. Forst Zinna biete »ideale Voraussetzungen für das Vorhaben«. Das Mitte der 1930er Jahre erbaute, zunächst »Lager III« genannte Kasernengelände seht leer, seit dort 1993 die Panzer- und Pioniereinheiten der Westgruppe der russischen Streitkräfte abgezogen sind. Das landeseigene, rund 75 Hektar große Areal mit stark sanierungsbedürftigen Gebäuden befindet sich etwa 55 Kilometer südlich von Berlin und direkt an der B 101.
Das Camp soll etappenweise ausbaut werden. »Dabei sollen zunächst vor allem für Spezialeinheiten und die Bereitschaftspolizei komplexe Trainingsmöglichkeiten geschaffen werden«, hieß es in Potsdam. Wie Berlins Innenverwaltung präzisierte, gehe es um Bauten, »bei denen in einem innerstädtischen Szenario polizeiliche Einsatzsituationen trainiert werden können«. Geplant sind Anlagen für die Schieß- und Hundeführerausbildung, Sportstätten, Wohn- und Sozialgebäude.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.