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Beschwörungen
Jana Frielinghaus über Forderungen der ostdeutschen Regierungschefs
Es ist Wahlkampf. Das war beim Treffen der Ost-Ministerpräsidenten am Mittwoch deutlich zu spüren. Sie richten jetzt öffentlichkeitswirksam Appelle an die Kanzlerin und mahnen die Umsetzung von Beschlüssen zur Förderung Ostdeutschlands durch Ansiedlung von Behörden und Institutionen an. Dabei wird dies grundsätzlich keine Strukturverbesserungen bringen. Wenn ein CDU-Ministerpräsident wie Reiner Haseloff von Rentengerechtigkeit spricht und gerade mal die Vermeidung weiterer Härten verlangt, klingt das zudem reichlich schwach.
Haseloff steht am Sonntag ein Showdown mit der rechten AfD bevor, und es ist ihm recht spät eingefallen, dass es noch andere Themen gibt als Law and Order und den Kampf gegen »Extremisten«, bevorzugt solche, die man links verortet. Er hat es seiner eigenen Politik zu verdanken, dass ihm - aber auch seinen Koalitionspartnern SPD und Grüne - im von der Deindustrialisierung des Ostens am härtesten getroffenen Bundesland kaum jemand abnimmt, sich ernsthaft für soziale Belange einzusetzen. Dieser Tage hat ihm auch noch der Ostbeauftragte der Bundesregierung ein Ei ins Nest gelegt, indem er postulierte, viele AfD-Wähler seien sowieso für die Demokratie verloren. Die meisten von ihnen dürften sich dadurch in ihrer Präferenz für die Rechten bestätigt sehen.
Die Strukturschwäche im Osten wird auch mit der Ansiedlung von Unternehmen wie Tesla nicht beseitigt. Es grenzt an Gesundbeterei, wenn der Ostbeauftragte Wanderwitz neue Technologien, Künstliche Intelligenz, Batterienproduktion und Ähnliches als Heilsbringer für die fünf Ostländer preist. In einem hat der CDU-Mann recht: Viele sind hier unendlich müde angesichts der zahlreichen gesellschaftlichen Transformationen, die sie am eigenen Leib erlebt haben. Und weiterhin werden viele Ostdeutsche ihre persönliche Zukunft durch Wegzug sichern - müssen.
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