Spitzen-Spahns Spritzen

Kurt Stenger über große G7-Worte des Gesundheitsministers

Die dramatische Schieflage bei der globalen Verteilung der Covid-19-Impfstoffe wird bald ein Ende haben. Jens Spahn nimmt sich nämlich nun dieses Themas an. Unser Spitzen-Gesundheitsminister hat jetzt ultimativ die Gruppe der sieben wichtigsten Industriestaaten aufgefordert, Impfstoffe an den Globalen Süden abzugeben und dies nächste Woche beim G7-Gipfel zu beschließen.

Aber Moment: Ist Deutschland nicht selbst eines der Schwergewichte in der G7? Die Bundesregierung hat zwar angekündigt, 30 Millionen Dosen der gehorteten Vakzine abzugeben, aber erst bis Ende des Jahres. Dann wird Deutschland absehbar im Überfluss schwimmen, während in vielen armen Staaten noch nicht einmal das besonders gefährdete Gesundheitspersonal vor Sars-CoV-2 geschützt sein wird. Gerade Minister Spahn tut alles dafür, die globale Vakzinknappheit unnötig zu verschärfen. Am kommenden Montag fällt hierzulande die Impfpriorisierung, so dass jeder drankommen darf, und selbst Jugendliche ab zwölf, für die der Nutzen einer Corona-Impfung gering ist, möchte der CDU-Politiker an die Spritzen lassen. Würde man sich auf die Risikogruppen beschränken, wäre weltweit mehr vom knappen Impfstoff verfügbar. Daher hilft es auch nichts, dass die Regierung der Covax-Initiative Geld zur Verfügung stellt, da die G7-Staaten den Markt längst leergekauft haben.

Auch die Ankündigung der Bundesregierung, die Impfstoffhersteller dazu bringen zu wollen, in anderen Ländern zusätzliche Produktionskapazitäten aufzubauen, war bisher heiße Luft. Dies scheint Verzögerungstaktik angesichts der in der Welthandelsorganisation laufenden Debatte über Patentfreigabe und Technologietransfer zu sein.

Die Regierung und ihr Gesundheits-Spahn sind in der Impfstofffrage kaum besser als die von ihr gescholtenen USA. Will sie der Welt helfen, sollte sie nicht Ratschläge verteilen, sondern die Impfstofffreigabe für alle im Land stoppen.

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