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Keine Alternative zu Solidarität

Gesundheits- und Pflegeversicherung Linksfraktion stellt Gutachten zu ihrem Reformvorschlag vor

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Bundestagsfraktion der Linkspartei hat am Montag ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten über die Auswirkungen einer solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung vorgestellt. »Wir wollen konsequent und konkret die übergroße Mehrheit der Menschen entlasten und die reiche Minderheit belasten«, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch bei einer Pressekonferenz in Berlin. Daher sei eine Kranken- und Pflegeversicherung nötig, in die alle einzahlen.

Die Linke stützt sich bei ihrer Forderung, die Finanzierung von Gesundheit und Pflege solidarisch auszugestalten, auf diesbezüglich hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Gegen diesen Trend gebe es in der Pflegeversicherung momentan jedoch riesige Löcher, die Eigenanteile wüchsen stetig und seien schon jetzt so hoch, dass jede*r dritte Pflegeheimbewohner*in auf Sozialhilfe angewiesen sei. Insgesamt zahlten viele Menschen in Deutschland, gemessen an ihren Einkommen, zu hohe Beiträge in die Kranken- und Pflegeversicherung, während Besserverdienende oft zu niedrige Beiträge entrichteten. »Damit das Land sozialer wird, muss aber gelten: Starke Schultern tragen mehr«, betonte Bartsch in diesem Zusammenhang.

Noch aber schont die Beitragsbemessungsgrenze ausgerechnet hohe Einkommen, und auf solche aus Kapitaleinkünften werden größtenteils gar keine Beiträge erhoben. Dazu kommt, dass es die private Kranken- und Pflegeversicherung einigen erlaubt, sich vollständig der Solidargemeinschaft zu entziehen.

Die Linke schlägt daher in einem Modell vor, die Beitragsbemessungsgrenze abzuschaffen, und erhält dafür nun Rückendeckung vom Gutachten der beiden Wissenschaftler der Universität Bremen, Karl-Heinz Rothgang und Dominik Domhoff. So erläuterten Bartsch und die Linke-Gesundheitsexpertin Susanne Ferschl mit Bezug auf die Studie, wenn das von ihnen vorgeschlagene Konzept bereits im Jahr 2018 vollständig umgesetzt worden wäre, dann hätte der Krankenversicherungsbeitrag nicht 15,6 Prozent betragen, sondern nur 12,1 Prozent. Die Höhe der aus Löhnen und Renten gezahlten Beiträge würde damit um fast ein Viertel sinken, wobei die Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze dabei die wichtigste Rolle spiele.

Die Studie untersucht die Auswirkungen der Linke-Vorschläge auf die Beitragssätze bei konstanten Einnahmen in der Krankenversicherung sowie auf die Einnahmen bei konstantem Beitragssatz in der Pflegeversicherung. Zudem werden darin auch Umverteilungseffekte für sogenannte Einkommensdezile berechnet, um zu ermitteln, wer profitiert und wer höhere Beiträge zahlt. Zu diesem Zweck werden dann die aktuellsten verfügbaren Einkommensdaten von 2018 genommen und mit der Annahme verknüpft, das Konzept der Linkspartei wäre schon umgesetzt gewesen. Die Ergebnisse werden mit den realen Zahlen von 2018 verglichen, somit basieren alle Berechnungen auf diesem Jahr. Da die Beitragssätze in der Zwischenzeit gestiegen sind,werden die Effekte tendenziell sogar noch unterschätzt. Das gilt insbesondere für die Pflegeversicherung, wo sich die Beiträge 2019 von 2,55 auf 3,05 Prozent erhöht haben.

Letztlich ergibt sich aus den Zahlen der Studie, dass Lohn- und Rentenbeiträge unterhalb von 6232 Euro Monatsbrutto entlastet würden. »So können die Beitragssätze in der Krankenversicherung deutlich sinken, ohne dass den Krankenkassen auch nur ein Euro verloren ginge«, sagte Ferschl. Menschen mit mittleren und geringen Einkommen würden also entlastet, während Einkommen ab etwa 6230 Euro belastet würden. Und wer 3000 Euro Kapitaleinkünfte habe, zahle zudem mit ein, und nicht nur der, der 3000 Euro Arbeitseinkommen hat, führte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion weiter aus.

Zudem machten Bartsch und Ferschl deutlich, den Beitragssatz in der Pflegeversicherung konstant lassen zu wollen. »Mit den Mehreinnahmen von über 16 Milliarden Euro wollen wir geringere Eigenanteile, mehr Leistungen, bessere Bezahlung und mehr Pflegekräfte finanzieren«, so Ferschl. Gerade dieser Punkt sei angesichts der aktuellen Arbeitskämpfe um mehr Personal und bessere Entlohnung im Gesundheitswesen zukunftsweisend. Für Ferschl ist es freilich das ganze Konzept: »Unser Gutachten bestätigt, dass es mittel- und langfristig keine Alternative zu unserer Solidarischen Gesundheits- und Pflegeversicherung gibt.«

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