Kubas Bevölkerung ist sich nicht einig

Auf den Straßen treffen Regierungsgegner auf die Verteidiger der Revolution

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob in Havanna oder in Berlin: Gegner und Verteidiger der kubanischen Revolution treffen aufeinander. In Berlin war das am frühen Mittwochnachmittag vor der kubanischen Botschaft in Pankow der Fall; in Kuba kommt es in vielen Städten zu teils auch gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Knüppeln und Fäusten, die es in Pankow dem Vernehmen nach nicht gab.

Bei den Protesten in Kuba ist inzwischen ein Todesopfer zu beklagen. Ein 36-Jähriger kam unter noch nicht geklärten Umständen bei einem Protest in der Gemeinde Arroyo Naranjo, am Stadtrand von Havanna, ums Leben, berichtete die staatliche kubanische Nachrichtenagentur ACN. Mehrere Bürger sowie Sicherheitsbeamte seien verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden, hieß es weiter. »Organisierte Gruppen von antisozialen und kriminellen Elementen« hätten versucht, die Polizeistation anzugreifen. Das Innenministerium äußerte in einer Erklärung Bedauern über den Tod des Mannes und sagte eine Untersuchung zu. Der Protest in dem Viertel wurde in mehreren Videos auf sozialen Medien übertragen, berichtete die spanische Nachrichtenagentur Efe. In den Videos zu sehen waren Dutzende Menschen, die »Freiheit« und »Ein einiges Volk wird niemals besiegt werden« skandierten.

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Am Dienstag suchten in Havanna zahlreiche Menschen nach ihren Angehörigen oder Freunden. Eine Frau, die auf einer Polizeistation in der Hauptstadt nach ihrem 21-jährigen Sohn fragte, berichtete von zahlreichen Festnahmen in ihrem Viertel.

Auch der vorläufig festgenommene Regisseur und Oppositionelle Yunior García gab an, von Sicherheitskräften geschlagen worden zu sein. »Wir wurden wie Müll behandelt«, schrieb García, der zu den bekanntesten Gesichtern der Künstler-Protestbewegung 27N gehört, auf Online-Plattform Facebook.

Kubas Bevölkerung ist derzeit uneins. Die gegen die Versorgungslage Aufbegehrenden stehen auf den Straßen Verteidigern der Revolution gegenüber, die von Präsident Miguel Díaz-Canel höchstselbst aufgefordert wurden: »Es wird eine revolutionäre Antwort geben.« Er bat die Kommunisten, den Protesten mit »Entschiedenheit, Standhaftigkeit und Mut« entgegenzutreten.

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Unterstützung erhielt Díaz-Canel von Außenminister Bruno Rodríguez. Der sieht einen klaren Zusammenhang mit der Verurteilung der US-Blockade durch die UN-Vollversammlung am 23. Juni. Am 15. Juni sei der Aufruf SOSCuba gestartet worden, um diese Resolution zu verhindern. »Ich habe unwiderlegbare Beweise, dass die meisten Nutzer, die an dieser Kampagne teilgenommen haben, in den USA waren und dass automatisierte Systeme für die Viralisierung der Inhalte verwendet wurden, ohne dass sie vom sozialen Netzwerk Twitter bestraft wurden«, fügte er hinzu. Die Kubanische Bischofskonferenz erklärte, jeder habe das Recht, seine Bedürfnisse, Sehnsüchte und Hoffnungen öffentlich zu äußern. mit Agenturen

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