Die Mauer des Schweigens bricht auch im Eishockey

In den USA outet sich mit Nachwuchstalent Luke Prokop der erste schwule NHL-Profi

  • Franziska Breininger
  • Lesedauer: 2 Min.

Eines Nachts lag Luke Prokop frustriert im Bett, löschte zum wiederholten Mal eine Dating-App - und fasste einen Entschluss. »Genug ist genug«, habe er sich in dieser Nacht im April gesagt, berichtete er in einem Interview mit dem Fernsehsender ESPN. »Ich akzeptiere mich als schwulen Mann.« Und er wolle sich nicht länger verstecken müssen. Prokop ist der erste Eishockeyspieler eines NHL-Klubs, der sich öffentlich outet. »Ich habe keine Angst mehr, zu zeigen, wer ich bin. Ich bin stolz darauf, dass ich schwul bin«, schrieb Prokop am Montag auf Instagram. Mit dem Schritt könne er »nicht glücklicher sein«. Zu lange hatte die Last des Geheimnisses, das nur einige Freunde und Familienmitglieder kannten, auf den Schultern des 19-Jährigen gelastet.

Das bekam der Kanadier in der vergangenen Saison zu spüren. Bei den Nashville Predators unter Vertrag, lief er nur für die Calgary Hitmen in der unterklassigen WHL auf. Steter Begleiter auf dem Eis: »Wenn ich meinen Kopf ausschalte, spiele ich mein bestes Spiel. Aber die ständigen Sorgen: Wer könnte es wissen? Was könnte passieren? Ich glaube, das hat mein Spiel beeinflusst«, sagte Prokop. Wie befreit er sich fühlen könnte, wurde ihm nach einem Telefonat im Juni bewusst. Prokop besprach mit Brian Poile, Vizemanager der Predators, dass er sich outen wolle. »Und er hat gesagt, dass die Predators zu 1000 Prozent hinter mir stehen. Als ich aufgelegt habe, sind mir einfach die Tränen gekommen«, so Prokop.

Jetzt soll auch nichts mehr zwischen ihm und der stärksten Profiliga der Welt stehen. »Ich habe seit meiner Kindheit davon geträumt, ein NHL-Spieler zu werden«, schrieb Prokop. »Wenn ich mich nicht mehr verstelle, glaube ich, dass ich meinen Träumen näher komme.«

Unterstützung scheint ihm dabei sicher. NHL-Commissioner Gary Bettman gratulierte Prokop zu seinem Schritt, die Liga will in Zusammenarbeit mit dem Kanadier 100 000 Dollar an LGBTQ+-Organisationen spenden. Die Predators bekundeten derweil ihren Stolz und versicherten: »Ganz Smashville steht hinter dir!« US-Fußballstar Megan Rapinoe, die mit Basketballerin Sue Bird verlobt ist, schrieb: »Willkommen Luke!«

Mit seinem Outing setzte Prokop den nächsten Meilenstein im US-Sport. Erst im Juni hatte sich Carl Nassib als erster aktiver Football-Profi in der NFL geoutet. Prokop will mit seinem Schritt zeigen, dass »homosexuelle Menschen auch in der Eishockeygemeinde willkommen sind«. Die nächste Saison werde dabei eine andere, vermutet Prokop: »Ich werde meine Schuhe wie immer schnüren, mein Trikot, meinen Helm, meine Handschuhe wie immer anziehen, aber ich werde endlich atmen können und der Welt mein wahres Ich zeigen.«SID/nd

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