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  • Proteste gegen Corona-Maßnahmen

Berlin verbietet geplante »Querdenken«-Demonstrationen

Gegner der Corona-Maßnahmen planen bereits mit einem »Notfallkonzept«

  • Lesedauer: 4 Min.

Berlin. Zwei für das Wochenende in der Hauptstadt geplante »Querdenken«-Kundgebungen gegen die Corona-Politik sind verboten worden. Das teilte ein Sprecher der Berliner Polizei am Mittwochabend mit. »Unter Berücksichtigung und nach Bewertung der objektiven Sachlage haben wir bisher zwei Versammlungen, eine am 31. Juli und eine am 1. August 2021, verboten.« Um welche Demonstrationen genau es sich dabei handelt, teilte Polizei auch auf Nachfrage nicht mit. Die Prüfung weiterer Versammlungen dauere außerdem noch an.

Am Sonntag ist unter anderem für den Nachmittag eine »Querdenken«-Kundgebung auf der Straße des 17. Juni in der Nähe des Brandenburger Tors geplant. Die Organisatoren von der Initiative »Querdenken 711« hatten dafür 22.500 Teilnehmer angemeldet, wie deren Sprecher Michael Ballweg am Mittwoch vor Bekanntwerden des Verbots sagte.

Die Stuttgarter Initiative hat zu der Veranstaltung unter dem Motto »Das Jahr der Freiheit und des Friedens - Das Leben nach der Pandemie« aufgerufen. Nach RBB-Informationen ist die Kundgebung eine der von der Versammlungsbehörde der Polizei verbotenen Veranstaltungen. Ballweg sagte am Mittwochabend, er habe noch keine Kenntnis davon.

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Die Berliner Polizei bereitet sich nach Angaben des Sprechers auf ein einsatz- und kräfteintensives Wochenende vor. »Aktuell befinden wir uns in der Bewertung sämtlicher Umstände und Erkenntnisse.« Daran richteten sich alle Folgemaßnahmen aus. »Soll heißen: unser Einsatzkonzept, die detaillierte Kräfteplanung einschließlich der Anforderung von Unterstützungskräften, aber auch eine Entscheidung darüber, ob und welche Versammlung betreffend ein Verbot ausgesprochen werden müsste.«

Die Veranstalter der Kundgebung von »Querdenken 711« haben ein »Notfallkonzept« entworfen, falls es zu Verboten kommen sollte. In dem »Notfallkonzept«, das der dpa vorliegt, werden verschiedene Szenarien berücksichtigt. Für den Fall etwa, dass die Kundgebung am Sonntagnachmittag verboten und die Straße des 17. Juni abgeriegelt werden sollte, wird vorgeschlagen, die Teilnehmer an einen anderen Ort wie das Tempelhofer Feld zu schicken. Ballweg sagte am Mittwochabend mit Blick auf mögliche Verbote: »Es gibt auch immer noch den juristischen Weg.«

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Die Berliner Behörden hatten bereits Ende August 2020 eine Kundgebung der Initiative »Querdenken 711« auf der Straße des 17. Juni verboten, zu der 22 000 Teilnehmer angemeldet worden waren. Die Polizei hatte als Grund dafür angeführt, dass durch die Ansammlung Zehntausender Menschen, oft ohne Maske und Abstand, ein zu hohes Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung entstehe.

Das Verwaltungsgericht Berlin kippte die Entscheidung damals mit der Argumentation, es habe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegeben. Das Land habe nicht darlegen können, dass das von den Veranstaltern vorgelegte Hygienekonzept nicht eingehalten werden sollte.

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Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigte die Aufhebung des Verbots anschließend. Der Senat und die Polizei mussten wegen der Verbotsverfügung breite Kritik einstecken. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte zum Demonstrationsverbot auch gesagt, er wolle nicht hinnehmen, dass Berlin erneut zur Bühne für »Corona-Leugner, Reichsbürger und Rechtsextremisten« werde.

Der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Norbert Cioma, teilte am Mittwochabend zu den neuen Demo-Verboten mit, die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut. Wenn man sie einschränke, müsse es dafür schwerwiegende Gründe geben. »Wir sind uns sicher, dass die Versammlungsbehörde ihre Lehren aus dem letzten Verbots-Desaster gezogen hat.« dpa/nd

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