Die Kraft der Liebe

Andreas Koristka sieht gar nicht ein, warum er in Coronazeiten auf Huldigungen seiner Fans verzichten soll

Die Coronazeit war und ist für viele Menschen eine entbehrungsreiche. Doch von allen Berufsgruppen hatten die Autorinnen und Autoren am meisten unter der Pandemie zu leiden. Ich denke ungern an die ersten Tage der Seuche zurück, als ich mich kaum traute, in den Supermarkt zu gehen, um meine Alkoholvorräte aufzufrischen.

Sie, liebe gemütlich Lesende, können sich nicht vorstellen, welchen Belastungen ich ausgesetzt war. Kinder sind in diesem Zusammenhang ein Thema. Es ist schon unter normalen Umständen unfassbar schwierig, Texte zu schreiben, ganz besonders, wenn sie so feingeistig sind wie die meinigen. Aber wenn man immer wieder gestört wird, weil das Netflix-Kids-Menü so unübersichtlich aufgebaut ist, dass es ein Dreijähriger nicht allein bedienen kann, macht dies den Schaffensprozess noch komplizierter.

Ich will mich nicht beschweren. Ich nehme einfach zur Kenntnis, dass ich in den letzten Monaten gelitten habe wie ein Schwein und auch wie ein solches zunahm, weil es wegen Homeoffice und geschlossener Kita keinen Grund gab, mich weiter zu bewegen als bis zum nächsten Rewe. Aber jetzt möchte ich endlich wieder meinen Beruf genießen. Es soll bitte wieder endlich alles so schön sein, wie es mal war. Ich lechze nach den kleinen Normalitäten des Alltags. Dass ich beim Schreiben dieser Zeilen endlich wieder eine Pediküre genießen kann, ohne eine Maske zu tragen, ist so ein hart erkämpftes Stück Selbstverständlichkeit, die den Besitz eines Bimsstein unnötig werden lässt.

Darum ist die Panikmache vor der vierten Welle für mich eine schreckliche Katastrophe. Ich möchte nicht wieder diese furchtbaren Einschränkungen erfahren. Und es bricht mir das Herz, dass meine zahlreichen Fans bereits heute in manchen Bundesländern nicht zusammenstehen dürfen, um gemeinsam meine Artikel zu lesen und dabei lauthals in Freudentränen auszubrechen.

Aber wissen Sie was? I don’t fucking care! Liebe Leserinnen und liebe Leser, treten Sie jetzt zusammen und klatschen Sie rhythmisch in die Hände. Hey, was soll’s? Die Europameisterschaft wurde schließlich auch in vollen Stadien abgehalten! Beim CSD waren 80 000 Menschen und auf dem Autobahnrastplatzklo am Hämmerlewald kann niemand kontrollieren, ob man in der Kabine die Maske absetzt, bevor man sich auf den Pott setzt.

Das ist doch der Irrsinn der widersprüchlichen Coronaregeln! Warum sollt Ihr Lieben euch jetzt zurückhalten? Tretet zusammen und spürt gemeinsam eure Liebe für mich! O, ja, ich höre eure Stimmen, ihr verrückten nd-People! Und jetzt alle gemeinsam: » KOR - IST - KA!, KOR - IST - KA!« Verdammt, fühlt sich das gut an! Warum haben wir uns das anderthalb Jahre lang verbieten lassen? Was ist das für ein System, das die Liebe der Menschen unterdrückt? Ein System, das den Spaß verbietet, die Lebensfreude und die gottgleiche Anbetung eines Menschen, der alle zwei Wochen sein geneigtes Publikum mit herausragenden Meinungsbeiträgen beglückt, die jeweils einen Tsunami begeisterter Leserbriefe erzeugen.

Es ist mir egal, ob mich die Vasallen des Merkel-Regimes dafür wegsperren: Nehmt jetzt eure Masken ab, küsst euch und genießt eure Liebe für diesen wunderbaren Artikel, den ich euch geschenkt habe! Einen Artikel, den ich aus Protest gegen die überzogenen Coronamaßnahmen an dieser Stelle abbreche - beziehungsweise am liebsten abbrechen würde, wenn ich nicht auf das Zeilenhonorar angewiesen wäre. Denn nur, wenn ich die vollen 5200 Euro für diese Kolumne bekomme, bin ich in der Lage, mein Reihenendhaus in Bernau abzubezahlen. Im Herzen aber werde ich unbeugsam bleiben! Für euch!

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal