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Die gefährlichsten Menschenaffen sind wir selbst

Dr. Schmidt erklärt in dieser Woche die Revierkämpfe unter Affen

Welche Assoziationen hast du bei dem Wort Gorilla?

Oft denkt man da wohl an diese kräftigen Herren, die sich als Leibwächter verdingen. Ansonsten natürlich an die größte, auf den ersten Blick bedrohlichste Menschenaffenart.

Dr. Steffen Schmidt
Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere.
Christof Meueler fragt nach Verschwörungstheorien.

In Gabun haben Wissenschaftler erstmals beobachtet, dass eine Herde Schimpansen - die sind deutlich kleiner - Gorillas angegriffen, verjagt und einige sogar getötet hat. Inwieweit ist das eine bedeutsame Beobachtung?

Normalerweise dürften die sich nicht oft begegnen. Aber da die menschliche Tätigkeit den Lebensraum der Affen zunehmend einschränkt, werden sie zu Nahrungskonkurrenten, und dann kann es Krach geben. Da wirken Gorillas sicherlich bedrohlicher, aber aggressiver dürften die Schimpansen sein.

Böswillig könnte man sagen: Der Mensch ist die Schnittmenge aus Schimpansen und Bonobos, mit etwas mehr Intelligenz. Von den Schimpansen haben wir die Tendenz zur Aggression, mit den Bonobos teilen wir die Begeisterung für das Sexuelle. Bonobos legen Konflikte in der Regel mit Sex bei, gegebenenfalls auch mit kleinen Nahrungsgeschenken.

Tatsächlich ganz menschlich.

Ja, eine Kombination aus Aggression und Korruption.

Bei der beobachteten kriegerischen Begegnung haben sich die Gorilla-Männer auf die Brust getrommelt, aber das beeindruckte die Schimpansen nicht. Sind die sozial besser organisiert?

Das ist anzunehmen. Lange Zeit glaubte man übrigens, die Schimpansen hätten sich die Aggressivität in der Gefangenschaft vom Menschen abgeguckt. Aber inzwischen vertreten die meisten Primatologen die Ansicht, dass diese Aggressivität einen evolutionären Vorteil gebracht hat. Vielleicht war schon bei der ersten Art der menschlichen Gattung, dem Homo erectus, der sich über große Teile der Erde ausgebreitet hat, die Tendenz zur Aggression ein Vorteil im Überlebenskampf.

Möglicherweise kratzen die neuen Beobachtungen am Image der Gorillas, deren Name ja zur Produktmarke geworden ist.

Na ja, der Lieferdienst mit diesem Namen schädigt sein Image gerade selbst, so wie er seine Beschäftigten behandelt. Und es gibt zum Beispiel eine Glassorte, das Gorillaglas, das besonders fest und stabil ist und für Touchscreens von Handys und anderen Geräten verwendet wird.

Die Forscher, die den Zwischenfall beobachteten, haben vermutet, dass der Streit um Nahrungsmittel mit Folgen des Klimawandels zu tun haben kann. Wenn das stimmt, handeln die Affen nicht viel anders als die Menschen, die harte Konflikte um Ressourcen wie Wasser austragen.

Also die gefährlichste Menschenaffenart sind immer noch wir selber, die Menschen. Übrigens meinte der Fantasy-Autor Terry Pratchett, dass Homo sapiens eine ziemlich großkotzige Bezeichnung für den Menschen sei, viel treffender wäre doch Pan narrans, also geschichtenerzählender Affe.

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