Werbung

Die eine Herkunft ist nicht egal

Andreas Fritsche möchte nicht nur von Westdeutschen regiert werden

Ich finde es bezeichnend, dass von den sechs im Bundestag vertretenen Parteien im brandenburgischen Bundestagswahlkreis 58 nur eine Partei - die Linke - eine Kandidatin mit Ostbiografie für die Wahl am 26. September nominiert hat. Ich befürchte, bei den anderen Parteien verstehen sie nicht einmal, wo hier das Problem liegt.

Es tut mir herzlich leid, aber in dieser Frage bin ich verbohrt. An Menschen interessiert mich sonst die Herkunft herzlich wenig. Ich beurteile sie danach, wie sie denken und handeln. Aber ich möchte nicht in Ostdeutschland ausschließlich von Westdeutschen regiert werden. Mich stört ganz prinzipiell, dass im Osten Westdeutsche in den Spitzen von Politik, Verwaltung und Medien deutlich überrepräsentiert sind. Ich werde mich auch drei Jahrzehnte nach der Wende nicht dazu durchringen, so zu tun, als ob das alles heute keine Rolle mehr spielen würde und seine Ordnung so habe. Das augenfällige Ungleichgewicht von fünf zu eins im Wahlkreis 58 ist auch nicht damit zu rechtfertigen, dass in den vergangenen Jahren viele in der alten Bundesrepublik und in Westberlin geborene Menschen in den Berliner Speckgürtel gezogen sind. So viele waren es dann doch nicht.

Manchmal wird behauptet, dieser oder jener Westdeutsche habe so lange im Osten gelebt, dass er sich inzwischen gut einfühlen könne und quasi selbst ein Ostdeutscher sei. Solche Fälle gibt es natürlich. Aber das sind nicht die Menschen, die sich im Berliner Speckgürtel schön eingerichtet und eine mehr oder weniger hohe Position in Politik, Verwaltung oder Medien besetzt haben. Die sich wirklich einfühlen können, das sind nach meiner Erfahrung fast immer Menschen, die hier nach ihrer Ankunft in den 90er Jahren selbst kein leichtes Leben hatten und genauso wie viele Ostdeutsche arbeitslos gewesen sind. An dieser Stelle spielt dann eine andere Herkunft eine Rolle: die soziale Herkunft, die leider großen Einfluss auf die spätere soziale Lage hat. Darum geht es am Ende dann auch ganz entscheidend bei der Frage Ost oder West.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal