In bester Gesellschaft

Zahlreiche Politiker auch aus der EU haben Geld über Offshore-Firmen geschleust, um Steuern zu sparen oder dubiose Geschäfte zu kaschieren

  • Fabian Lambeck, Brüssel
  • Lesedauer: 3 Min.

In den »Pandora Papers« tauchen die Namen von mehr als 300 Politikerinnen und Politikern aus aller Welt auf. Für den tschechischen Premierminister Andrej Babiš kam die Veröffentlichung zur Unzeit. So wurde in der Endphase des tschechischen Wahlkampfs bekannt, dass er über diverse Briefkastenfirmen ein Chalet in Südfrankreich erworben hatte - für 22 Millionen Dollar. Der Multimilliardär verlor die Wahlen denkbar knapp.

Babiš machte vielleicht die größten Schlagzeilen, aber auch ein anderer europäischer Politiker ist gerade in Erklärungsnot. Als die EU-Finanzminister Anfang Oktober beschlossen, das Steuerparadies Seychellen von der Liste der »nicht-kooperativen Länder und Gebiete« zu streichen (siehe Randspalte), war auch der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra mit dabei. Dass der Chef des Christlich-Demokratischen Aufrufs (CDA) mithalf, die Steueroase Seychellen quasi reinzuwaschen, hat einen besonderen Beigeschmack. Denn Hoekstra selbst hatte 26 500 Euro über ein Steuerparadies geschleust, wie in den »Pandora Papers« nachzulesen ist. Zwar ging das Geld nicht auf die Seychellen, sondern auf die Britischen Jungferninseln, aber die Kritik an dem ehemaligen Partner der Unternehmensberatung McKinsey wächst, auch in seiner Heimat. Zumal er vor seiner Zeit als Minister lange Zeit in einem Senatsausschuss saß, der sich mit Steuervermeidung befasste.

Hoekstra selbst ist sich keiner Schuld bewusst: Er habe in das Safari-Unternehmen eines Freundes investiert und nicht gewusst, dass die Zahlungen über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln liefen. Nicht nur die Chefin der Sozialistischen Partei, Lilian Marijnissen, fragte sich, ob der Minister »im Kampf gegen die Steuerhinterziehung noch glaubwürdig sein kann«.

Hoekstra ist nicht der einzige EU-Politiker, der mit Briefkastenfirmen auf den Jungferninseln in Verbindung steht oder stand. Der ehemalige EU-Gesundheitskommissar und langjährige Finanzminister Maltas, John Dalli, gründete 2006 auf den Seychellen die Briefkastenfirma Westmead Overseas Ltd. Dallis zwei Töchter lösten ihn 2008 als Geschäftsführer ab. Dalli sagte den investigativen Journalisten vom ICIJ, er habe die Gesellschaft gegründet, um Anteile an einem Projekt zu halten, das »nie zustande kam«. Allerdings verheimlichte er seine Aktivitäten vor dem maltesischen Parlament, was dem Ethikkodex für Abgeordnete auf Malta widersprach. Dallis Geheimniskrämerei sollte misstrauisch machen, schließlich musste er der Konservative zwei Mal aufgrund von Korruptionsvorwürfen zurücktreten, die er nie ganz entkräften konnte.

Steueroasen sind für zwielichtige Zahlungen und schmutzige Deals wie gemacht. Das zeigt auch da Beispiel des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Der vormalige Komiker hielt Anteile »an einer anonymen Offshore-Gesellschaft wie auch einige seiner Geschäftspartner, die jetzt enge politische Verbündete sind«, schreibt das ICIJ. Kurz vor seiner Wahl übertrug Selenskiy seine Anteile an einen Freund, der auch heute noch als enger Vertrauter des Präsidenten gilt und die Anteile immer noch besitzt.

Das Beispiel des britischen Ex-Premiers Tony Blair zeigt deutlich, wie Steueroasen Reiche noch reicher machen. Dass der ehemalige Labour-Vorsitzende reich ist, daran besteht kein Zweifel. Sein Vermögen wird auf rund 60 Millionen Dollar geschätzt. Der neoliberale Reformer versucht offenbar, seinen Reichtum vor den Augen des Fiskus zu schützen. Gemeinsam mit seiner Frau gründete Blair eine Firma in Großbritannien, die dann eine Firma auf den Britischen Jungferninseln erwarb, die wiederum im Besitz einer Londoner Immobilie war. Da die Blairs das Haus in bester Lage nicht direkt kauften, sondern nur die Firma, der das Haus gehörte, mussten sie in Großbritannien keine Grundsteuer zahlen. So sparten die Blairs laut »Guardian« etwa 400 000 Dollar. Alles ganz legal …

Somit befindet sich der ehemalige Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, in bester Gesellschaft. Der übergriffige Ex-Politiker ließ über eine in Marokko registrierte Offshore-Firma Millionen von Dollar an Beratungshonoraren verbuchen, die er von Kunden wie Rosneft oder dem chinesischen Luftfahrtkonzern HNA erhalten hatte. Einziger Zweck dieser Konstruktion: Steuervermeidung.

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