Schufa könnte bald transparenter werden

Mit dem angekündigten Einstieg eines schwedischen Investors steht die Auskunftei vor Veränderungen

  • Martin Höfig
  • Lesedauer: 4 Min.

Es könnte ein Politikum werden. Wenn der schwedische Finanzinvestor EQT wie angekündigt tatsächlich bei der Schufa einsteigt, würde das Folgen für 67 Millionen Deutsche haben. Denn über so viele Menschen hat die größte Auskunftei des Landes Daten gesammelt, mit denen sie in viele Entscheidungen des täglichen Lebens eingreift.

Ob ein/e Verbraucher*in einen Kredit beantragt oder einen Handy- oder Mietvertrag abschließen möchte – fast immer wird die Schufa eingeschaltet und entscheidet über ihren sogenannten Score mit, ob jemand ausreichend Bonität besitzt. Nach welchen Kriterien dieser Score allerdings ausgewertet wird, darüber schweigt die Schufa. Und der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Geheimhaltung in einem Urteil für rechtens befunden.

Für den Datenschützer Thilo Weichert ist »die Scoreberechnung ebenso wie das gesamte Geschäftsgebaren der Schufa nicht transparent. Betroffenenbeschwerden werden oft lapidar abgebügelt und die Regelungen des Datenschutzes gern umgangen«, kritisiert er.
Aufgrund der gewissen Allmacht der Schufa denken viele bis heute, diese sei eine Behörde. Dabei ist sie ein Unternehmen wie andere auch, nur dass dieses Unternehmen eben extrem viele Daten über die Deutschen angesammelt hat und mit diesen arbeitet. Umgekehrt wird das Zugriffsrecht von Verbraucher*innen auf Daten von der Schufa stark eingeschränkt. »Die kostenlose Datenabfrage muss man auf der Webseite der Schufa lange suchen, die haben sie ganz unten und ganz klein in der Nähe des Impressums versteckt«, moniert Erk Schaarschmidt von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Das zeige die Intransparenz der Auskunftei. »Die Datenkopie sollte natürlich gleichberechtigt oben neben den anderen Produkten zu finden sein«, so Schaarschmidt.

Diesen Umgang mit den Kund*innen kritisiert auch Datenschützer Weichert. »Über windige Informationen zur Selbstauskunft werden Betroffene dazu gebracht, der Schufa unnötig Geld hinterherzuwerfen. Zudem experimentiert die Schufa immer wieder mit unzulässigen Geschäftsmodellen«, so Weichert.

Bisher agiert die Schufa frei von der Einflussnahme der Anteilseigner. Die Geschäftsleitung der Auskunftei ist voll auf Datennutzung und Gewinn getrimmt. »Wenn sich EQT hier als neuer Anteilseigner mäßigend einbringt, so nützt das zunächst dem Daten- und Verbraucherschutz. Wenn sich dies dann geschäftlich auch positiv auswirkt, soll dies nicht zum Schaden der Investoren sein«, ist sich Weichert sicher.

Auch für Schaarschmidt eröffnet der mögliche Einstieg von EQT bei der Schufa aus Verbraucher- und Datenschutzperspektive die Chance auf Verbesserungen. »EQT unterliegt ja schwedischem Recht und das ist viel transparenter als das deutsche«, so der Verbraucherschützer. Dabei schränkt er allerdings ein: »Ich kann da aber nur spekulieren. Daten sind ja auch Handelswaren, und wir wissen noch nicht genau, was EQT mit den Schufa-Anteilen wirklich machen will.«

Klar ist bislang, dass die Schweden bis zu zehn Prozent an der deutschen Auskunftei und damit auch rund zehn Prozent der Anteile für eine Bewertung von insgesamt zwei Milliarden Euro übernehmen wollen. Langfristig sollen sogar noch viel mehr Anteile von den bisherigen Aktionären übernommen und die Schufa tendenziell komplett neu ausgerichtet werden, kündigt EQT an.

Das Unternehmen will also nicht nur stiller Investor sein, der am wirtschaftlichen Erfolg der Schufa teilhat. »Vielmehr hat das schwedische Unternehmen den erklärten Anspruch, dass seine Investitionen nützlich für die Gesellschaft sind – das heißt in diesem Fall, dass Datenschutz und Verbraucherschutz gewahrt werden. Und hieran hapert es bisher bei der Schufa ja gewaltig«, bekräftigt Datenschützer Weichert.

Vonseiten der Aktionäre werden keine großen Widerstände gegen den Einstieg von EQT erwartet. Laut eines Berichts der »Süddeutschen Zeitung« hatten bereits in der Vergangenheit einige Banken damit geliebäugelt, ihre Anteile an der Auskunftei zu verkaufen. Sollte EQT auf lange Sicht einen größeren Teil der Schufa besitzen, wird es aus Sicht der Datenschützer interessant. »Wenn EQT seinen Einfluss dafür nutzt, bei der Schufa mehr Compliance (Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen) und Bürgerfreundlichkeit zu bewirken, so wie dies erklärtes Ziel des Unternehmens ist, dann wäre dies ein großer Gewinn«, so Weichert.

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