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Eine Reise nach rechts
Klaus Rainer Röhl ist gestorben
Kein böses Wort über Tote? Daran könnte man sich halten, wäre der am 30. November in Köln verstorbene Verleger, Journalist und Publizist Klaus Rainer Röhl nur jene agile publizistisch-verlegerische Figur, als die er in seiner Funktion als »Konkret«-Herausgeber von 1964 bis 1973 in die Annalen der BRD-Kulturgeschichte einging. Er löste sich von Geld- und ideologischen Zuwendungen der DDR. »Konkret« wurde zum Forum der vielstimmigen, wenn auch nach wie vor mit dem Realsozialismus verbundenen Linken. Das Magazin erschien im Jahr 1972 sogar wöchentlich. Dort publizierte Ulrike Meinhof bis 1969 ihre Texte zu Altnazis in der Bundesrepublik, Springer-Hegemonie auf dem Zeitungsmarkt und der Notwendigkeit außerparlamentarischer Opposition.
In dieser Zeit wandte sich Röhl einer Verkaufsstrategie zu, die heute als unerhört gelten würde: linke Politik wurde in Form von Pin-ups auf den Titelbildern der linken Zeitschrift aufgehübscht. Diese entsprachen normativ heterosexuellem Begehren. »Konkret« war hier Teil einer kulturellen Liberalisierungswelle, die zwischen tabubrechender Aufklärung und voyeuristischem Sexismus pendelte. Immerhin: auch die heutige Modebegrifflichkeit des »linken Antisemitismus« wurde von dem ebenfalls nicht um Schmuddeligkeiten verlegenen Gerhard Zwerenz in dieser Phase engagiert zurückgewiesen. Und Rühmkorf? Den kannte Röhl natürlich auch. Von 1973 bis 1979 gaben die beiden die Zeitschrift »das da« heraus. Kritische Köpfe schrieben für diese, wie Rolf Hochhuth, Karlheinz Deschner und Rudi Dutschke.
Düsterer wird es angesichts der Ehe, die Röhl mit der jungen Publizistin Meinhof führte. Beide wurden im heftigsten Streit geschieden, der von Bekenntnissen zu und Abwertungen des bewaffneten Kampfes überformt war. Röhl wollte sich fortan öffentlich immer als antiterroristischer Warner verkaufen. Doch die damit verbundene moralisch weiße Weste saß schief, Tochter Anja Röhl warf dem Vater 2010 zudem missbräuchliches Verhalten vor.
Ab 1974 schien es mit Röhl auch politisch bergab zu gehen. Pornografisches und Kolportagehaftes über die Linke standen im Zentrum seiner Veröffentlichungen. In den 80ern gab er das Konkurrenzblatt zur »Konkret« namens »Spontan« heraus, allerdings ging diese Zeitschrift schnell ein, über die man positiv vermerken kann, dass darin der junge und unbekannte Cartoonist Uli Stein seinen großen Karrieresprung machen konnte.
Röhls 1993 eingereichte Promotionsschrift trägt den Titel: »Nähe zum Gegner. Die Zusammenarbeit von Kommunisten und Nationalsozialisten beim Berliner BVG-Streik von 1932« und wurde nicht zufällig von dem Rechtsaußen-Professor Ernst Nolte betreut. Totalitarismus- und Extremismustheorie war Röhls Geschäft, das er zuweilen auch als Talkshowgast verfolgte. Ein Eintritt bei der FDP, Orientierung an deren nationalliberalem Flügel, publizistische Mitarbeit bei dem neurechten Sammelband »Die selbstbewusste Nation« von 1994 sind nur ein paar der Stationen, die zeigen, wohin die Reise Röhls ging: nach rechts. Warum? Eine Erklärung müsste auf mehr verweisen als auf den schon von Anfang an vorherrschenden publizistischen Narzissmus. Gegen Ende schwor er seinen längst Geschichte gewordenen »linksutopischen Aktivitäten« in der »Preußischen Allgemeinen Zeitung« ab. Ob er ein typischer Preuße war? Sebastian Haffner und Ernst Niekisch würden sicherlich widersprechen.
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