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Kai Sina: Drastisch und deutlich
Eine wichtige Frage im Thomas-Mann-Jahr: Wie politisch war er? Ein Gespräch mit Kai Sina
Sie haben ein Buch über Thomas Manns politischen Aktivismus und seinen Kampf gegen die Nazis geschrieben: »Was gut ist und was böse«. Bisweilen bekommt man den Eindruck, Sie sympathisieren schon sehr mit Ihrem Protagonisten. Spricht da auch ein Bewunderer Thomas Manns?
Ja, das kann man so sagen, aber es ist kritische Bewunderung, keine gläubige. Ich halte ihn für einen der klügsten und interessantesten politischen Intellektuellen des 20. Jahrhunderts, gerade deshalb, weil er nicht als solcher begonnen hat. Er musste sich diese Rolle erst erarbeiten, sie lernen, Irrtümer überwinden. Er war kein geborener Demokrat, sondern ein Suchender. Das macht ihn für uns heute so interessant. Demokratie ist keine feste Haltung, sondern ein Weg, der Fehler, Widersprüche, Selbstkorrekturen einschließt. Diese Entwicklung lässt sich an Thomas Mann auf besonders eindrucksvolle, für mich geradezu berührende Weise beobachten.
Es existieren bereits einige Regalmeter Sekundärliteratur zu Thomas Manns Werk und Leben. Sie schreiben, Sie wollen mit Ihrem Buch keine letztgültige Erklärung, aber eine Neubeschreibung Thomas Manns anbieten. Warum ist eine solche notwendig?
Man hat den politischen Thomas Mann, insbesondere den Demokraten und Republikaner, zu dem er sich Anfang der Zwanzigerjahre erklärte, bisher nur selten ernstgenommen. Sein Demokratieverständnis sei wenig substanziell, wenn nicht problematisch, und sowieso sei er als bloßer »Vernunftrepublikaner« nie wirklich von der Demokratie überzeugt gewesen. Auch wenn sich Zitate finden, die diesen Eindruck bestätigen können, übersieht man aus dieser Perspektive, dass Thomas Mann in der Politik weniger eine Denkaufgabe als einen konkreten Handlungsauftrag gesehen hat. Er sei im Grunde Pragmatist, hat er einmal in einem Brief geschrieben. Hier setze ich an. Ich suche den politischen Autor dort auf, wo er als Handelnder in Erscheinung tritt; mir geht es um das, was man in Anlehnung an John Dewey als »Everyday Democracy« bezeichnen kann, um das kleinteilige, handfeste, langwierige Mitwirken am demokratischen Meinungsbildungsprozess. Genau darin liegt Thomas Manns Stärke.
Kai Sina, geboren 1981, ist Professor für Neuere deutsche Literatur und Komparatistik mit dem Schwerpunkt Transatlantische Literaturgeschichte an der Universität Münster. Sein vielbeachtetes Buch »Was gut ist und was böse. Thomas Mann als politischer Aktivist« ist 2024 bei Propyläen erschienen. Es ist hervorgegangen aus seiner editorischen Mitarbeit an der »Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe« der Werke Thomas Manns.
Sie betonen den Unterschied zwischen den künstlerisch-ästhetischen und den politisch-aktivistischen Artikulationsformen Thomas Manns.
Thomas Manns Romane und Erzählungen führen uns Menschen in ihrer ganzen Komplexität vor Augen, als widersprüchliche, gefährdete, unsichere Wesen. Selbst dort, wo der Faschismus zum Thema wird, vor allem in der Novelle »Mario und der Zauberer« von 1930, geht es Mann darum, auf psychologische Weise das Ineinander von charismatischer Verführungskraft und lustvoller Vernunftpreisgabe plausibel zu machen. Er betreibt also mehr das Geschäft der literarischen Analyse als der politischen Anklage, wie nach dem Krieg nicht anders im großen Deutschlandroman »Doktor Faustus«. Der politische Redner muss dagegen klarere Unterscheidungen vornehmen und artikulieren, als es ihm als Künstler wünschenswert erscheint. »Ja, wir wissen wieder, was gut und böse ist«, erklärte Thomas Mann zum Beispiel in seiner Rede »Das Problem der Freiheit« von 1939 und erläutert, man lebe in einem »Zeitalter der Vereinfachung«. Unverkennbar handelt es sich um einen Satz des politischen Aktivisten, der dem Erzähler und Romancier in dieser bewussten Zuspitzung nicht über die Lippen gekommen wäre.
Bekannt ist, dass Thomas Mann sich zu Beginn des Ersten Weltkriegs in extrem nationalistischen Texten für das deutsche Kaiserreich starkmachte und dessen Krieg gegen die demokratisch verfassten Staaten England und Frankreich fiebrig begrüßt hat. Ein überraschender Befund in Ihrem Buch ist, dass er davor politisch liberaler und fortschrittlicher argumentierte. Wie lässt sich seine nationalistische Haltung dann erklären?
Darf ich Ihre Bemerkung zu den Jahren vor 1914 noch etwas vertiefen? Es ist tatsächlich erstaunlich, wie deutlich politisch, ja wie entschieden liberal bis linksliberal sich Thomas Mann bereits in dieser frühen Phase positioniert. Heinrich Detering hat das in der Frankfurter Ausgabe in allen Details nachgezeichnet: Thomas Mann sprach sich im Jahr 1907 nachdrücklich für die Abschaffung der staatlichen Theaterzensur aus, die er als »staatliche Anmaßung« bezeichnete. In einem Gutachten von 1911, das sich mit Fragen der Pornografie und Erotik befasste, plädierte er für die uneingeschränkte Freiheit auch provozierender Kunstformen und stellte sich ausdrücklich gegen Eingriffe durch »Banausen oder Zeloten«. Gleichzeitig engagierte er sich in verschiedenen öffentlichen Protesten: 1910 unterzeichnete er eine Petition zugunsten des Anarchisten Erich Mühsam, 1911 sprach er sich gegen Aufführungsverbote von Wedekinds Dramen aus, und im Frühjahr 1914 beteiligte er sich an einer Erklärung gegen die Konfiszierung der Zeitschrift »Aktion«, die im dazugehörigen Protestschreiben als »kleines, tapferes und gescheites Organ der literarischen Linken« beschrieben wird. Hier tritt bereits ein politischer Impuls zutage, der zwar noch nicht in ein festes Programm mündet, aber doch nicht zu unterschätzen ist – eine Art latenter Aktivismus, der in den späten 1920er Jahren zunehmend Gestalt gewinnt und im Exil seine größte Entfaltung erfährt. Es ist bemerkenswert, dass dieser Zusammenhang lange kaum Beachtung fand. Stattdessen hielt sich hartnäckig das Bild eines Autors, der bis zum Kriegsbeginn 1914 in einer Art politischem Dämmerschlaf verharrt sei …
Umso mehr stellt sich die Frage, wie es zu jenen nationalistischen, kriegstrunkenen Schriften ab 1914 kommen konnte.
Ja, und ich würde zunächst einmal dafür plädieren, diesen Bruch tatsächlich als Bruch zu begreifen, ihn also nicht wegzudiskutieren, wie es zu oft geschehen ist. Selbst im engsten familiären Umfeld stieß der Kurswechsel auf Unverständnis: »Tommy’s Politik auch eher peinlich«, notierte seine Schwiegermutter Hedwig Pringsheim damals in ihr Tagebuch. Die Lektüre der »Betrachtungen eines Unpolitischen« wird sie im Oktober 1918 »unter heftigem Protest« beenden. Wie nun ist dieser Richtungswechsel zu erklären? Eine These erscheint mir mittlerweile sehr einleuchtend: Ich sehe in dem Verfasser der Kriegsschriften jemanden, der sich im Innersten als Außenseiter empfand – als Künstler und Homosexueller –, jemanden, der den Normen der bürgerlichen Welt nicht genügen konnte oder wollte. 1914 eröffnete sich ihm die Möglichkeit, nicht länger nur als Beobachter am Rand zu stehen, sondern sich einer rauschhaften kollektiven Bewegung anzuschließen, sie publizistisch sogar mit anzuführen. In den »Betrachtungen« spürt man allerdings an manchen Stellen: So ganz geheuer war ihm das selbst nicht. Und wer weiß – vielleicht war es gerade diese Episode reaktionärer Verführung und innerer Regression, die ihn später, in den 1920er Jahren, so scharf hat erkennen lassen, wohin politischer Fanatismus am Ende führen kann.
Greifen wir den Titel von Manns Riesenessay auf: Was ist ein »Unpolitischer«?
Thomas Mann versteht den »Unpolitischen« als einen Künstler, der sich bewusst von der Tagespolitik fernhält und stattdessen für Innerlichkeit, geistige Autonomie und kulturelle Werte eintritt. Politik erscheint ihm als eine oberflächliche, korrumpierende Sphäre, die mit wahrer Kunst unvereinbar sei. Doch diese Haltung ist natürlich alles andere als neutral: Mann stellt dem westlich-liberalen »Zivilisationsliteraten« den deutschen »Künstler« gegenüber, der für schöpferische Ernsthaftigkeit und »Deutschtum« steht. Damit erhält die Distanzierung eine politische Aufladung, der Rückzug ins Geistige wird selbst zur ideologischen Geste und nationalistisch überformt.
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Verdankt sich nicht einiges von Thomas Manns damaligen Positionen auch familiären Affekten, sprich: den Konflikten mit seinem Bruder Heinrich Mann? Der war ebenfalls Schriftsteller, ein Anhänger französischer Kultur, des Gedankens der Aufklärung und Vernunft. Wie würden Sie den Einfluss der Auseinandersetzungen mit Bruder Heinrich auf Thomas Mann einschätzen?
Dieses Verhältnis ist in allen Einzelheiten erforscht und beschrieben worden, zuletzt noch einmal von Hans Wißkirchen. Ich kann und will dem wenig hinzusetzen, zumal ich hier auch die Gefahr sehe, Thomas und Heinrich Manns politisches Agieren in letzter Konsequenz auf familiäre Affekte zurückzuführen und dadurch zu verkleinern. Vielleicht nur dies: Es geht aus meiner Sicht nicht nur um den Konflikt zweier Brüder, sondern auch um eine Produktivkraft. Thomas Mann musste sich an diesem Bruder reiben, um zu sich selbst zu finden. Gerade weil er zunächst so vehement gegen dessen Position Stellung bezog, konnte er später umso überzeugter seine eigene Haltung entwickeln. Die Auseinandersetzung mit dem Bruder war sicher eine der entscheidenden Etappen in einem lebenslangen politischen Lernprozess. Trotzdem: Ich will und kann hier nicht für den einen oder gegen den anderen eintreten, es führt aus meiner Sicht auch nicht weiter, zumal beide als Autoren und politische Intellektuelle in ihrer Zeit so viel mehr ausmacht als ihr komplexes Brüderverhältnis.
Inwiefern prägte eigentlich Thomas Manns Herkunftsort Lübeck, dessen geistiges Klima ja im Roman »Die Buddenbrooks« detailliert beschrieben wird, seine tatsächlichen Vorstellungen?
Ich denke, dass für die frühe politische Sozialisation Thomas Manns weniger »Deutschland« als »Lübeck« die entscheidende Rolle gespielt hat. 1926 hat er das selbst in seiner Rede über »Lübeck als geistige Lebensform« umrissen. Die Hansestadt ist für ihn das Sinnbild eines bürgerlich-republikanischen Gemeinwesens, das auf Selbstverwaltung, Pflichtbewusstsein und kultureller Verantwortung beruhte. Diese bürgerliche Ethik prägte sein politisches Denken zutiefst. Bereits in seiner Republikrede von 1922 steht dieser Begriff im Zentrum: »Verantwortlichkeit«. Insofern eignet sich Thomas Mann weniger, meine ich, um die viel diskutierte These eines »deutschen Sonderwegs« in geistig-politischen Dingen zu untermauern.
In der Krisenzeit der Weimarer Republik ab 1929 erlangten Hitlers Nationalsozialisten große Wahlerfolge. Thomas Mann setzte sich damals in öffentlichen Vorträgen unermüdlich für die Demokratie ein. Wofür ihm der linke Publizist Siegfried Kracauer großen Respekt zollte, zugleich aber meinte: Das liberale Bürgertum, von dem Mann träume, existiere in Weimar-Deutschland leider nicht. Stimmen Sie zu – und hat Thomas Mann es selbst auch so wahrgenommen?
Ich stimme Kracauer zu. Thomas Mann appellierte in seinen Reden an ein liberales Bürgertum, das in der Realität der späten Weimarer Republik kaum noch existierte. Sein Appell an die politische Vernunft traf auf eine Gesellschaft, die zunehmend von Extremen geprägt war. Jens Bisky hat das zuletzt in seinem Buch »Die Entscheidung« eindrucksvoll gezeigt. Mann selbst erkannte diese Diskrepanz, was ihn dennoch nicht hinderte, das ihm Mögliche zu tun. Aus seinen Reden sprach der Glaube an die Kraft der Vernunft, auch wenn er wusste, dass die gesellschaftliche Realität diesem Ideal nicht mehr entsprach.
Nachdem Mann 1933 ins Exil gegangen ist, vor allem in den USA, kommt er als Aktivist gleichsam zu sich selbst, schreiben Sie in Ihrem Buch. Was meinen Sie damit?
Damit meine ich, dass Thomas Mann im Exil, vor allem in den USA, seine Rolle als politischer Aktivist angenommen und ausgefüllt hat wie nie zuvor. Sein Haus in Pacific Palisades wurde zur Schaltzentrale seines Engagements. Er schrieb Reden, Radiobotschaften, Aufrufe, war ständig im Austausch mit Komitees, Verbänden, politischen Gruppen, reist von hier aus mehrfach auf langen Vortragsreisen durch das ganze Land, in die Küstenmetropolen ebenso wie ins sogenannte Heartland. Dabei ging es ihm nicht nur darum, die Demokratie zu verteidigen; er lebte sie als Form gesellschaftlicher Mitverantwortung. In diesem Handeln, in dieser öffentlichen Rolle hat er, so würde ich sagen, seine aktivistische Identität voll ausgeprägt – und sich in dieser Form als Intellektueller neu erfunden.
Thomas Mann sagte »Ja« zu den USA, hat deren Kultur akzeptiert. Ganz im Gegensatz zu dem politisch linksstehenden Exilanten Adorno, der eben diese Kultur als dem Kapitalismus hörig und oberflächlich verteufelte. In einer Passage Ihres Buches wirkt es so, dass Sie Adornos kulturkritisches Verhältnis zu den USA mit Thomas Mann vor Augen rundweg ablehnen. Was halten Sie Adorno entgegen?
Es geht mir weniger darum, Adornos Position zu verurteilen, als die Positionen im Kontrast stärker sichtbar werden zu lassen; meine persönliche Sympathie mag im Buch durchklingen, sie ist aber nicht entscheidend. Während Thomas Mann in der Demokratie eine Chance zur aktiven Humanität sah, verkörperte Adorno eher die skeptische Haltung des distanzierten Beobachters, der in der Kulturindustrie vor allem den Verlust von Autonomie und kritischem Denken erkannte. So stehen sich zwei Haltungen gegenüber: engagierte Teilhabe versus intellektuelle Kritik, beide geprägt durch das Exil, aber mit grundverschiedenen Antworten auf die Herausforderungen der Moderne. Nicht zu unterschätzen ist bei all dem sicher auch Thomas Manns tief empfundene Dankbarkeit gegenüber den USA.
Ab 1940 richtet Thomas Mann sich in regelmäßigen, von der englischen BBC ausgestrahlten Rundfunkreden direkt an die deutsche Bevölkerung. Diese Texte lassen an entschiedenem Anti-Nazi-Engagement nichts zu wünschen übrig, werden in der Mann-Rezeption aber eher vernachlässigt. Warum eigentlich?
Thomas Manns BBC-Rundfunkreden ab 1940 waren klare, mutige Ansprachen gegen den Nationalsozialismus. Er sprach über Judenmord, Verstrickung, Schuld und stellte unbequeme, direkt an die Deutschen gerichtete Fragen. Gerade diese Drastik und Deutlichkeit wurden ihm in der Nachkriegszeit vielfach übelgenommen; einige Äußerungen, etwa zum Bombardement deutscher Städte, hat man ihm nie wirklich verziehen. Man warf ihm vor, aus dem sicheren Exil zu moralisieren, und sah ihn als Verräter, als Nestbeschmutzer, hat ihn übel beschimpft. Das erklärt, warum diese Reden in der Rezeption lange ignoriert oder abgewertet wurden. Außerdem passten sie nicht ins Bild des distanzierten Literaten mit seiner enthobenen Ironie (was ebenfalls ein Klischeebild ist). Die rhetorische Raffinesse, mit der die Ansprachen gebaut sind, auch ihre Referenz an die Bibel und die (Wagner’sche) Mythenwelt, konnten unter diesen Voraussetzungen erst spät in den Blick kommen.
Ein überraschender Befund Ihres Buches ist, wie früh, vor allem wie intensiv sich Thomas Mann für den Zionismus einsetzte. So dann auch für die Gründung des Staates Israel im Jahre 1948. Wo liegen die Gründe für diese Haltung?
Thomas Manns Eintreten für den Zionismus beginnt schon in den Zwanzigerjahren und zieht sich durch bis zur Gründung Israels 1948, die er klar unterstützte. In der Öffentlichkeit ist das tatsächlich kaum präsent. Ein Grund für dieses Engagement liegt in seiner frühen, sehr klaren Wahrnehmung des immer aggressiver werdenden Antisemitismus in der Weimarer Republik. Der Zionismus war für ihn auch eine politische Antwort auf diesen Hass, zunächst kulturell gedacht, später zunehmend praktisch. Spätestens ab 1942, als ihm das Ausmaß des Holocaust klar wird, tritt er als tatkräftiger Anwalt eines neu zu gründenden jüdischen Staates auf – aus moralischer Überzeugung und historischer Verantwortung.
Dennoch kann Thomas Manns Verhältnis zum Judentum auch Unbehagen auslösen. Er betont in Romanen und Essays die großen zivilisatorischen Hervorbringungen klassischer jüdischer Kultur – und scheint zugleich von stereotypen Denkweisen durchdrungen, sagt etwa, jüdische Menschen seien anders als andere Menschen. Was genau bestimmt Thomas Manns Verhältnis zum Judentum – und stecken darin tatsächlich auch Elemente, die mit dem Wort Rassismus zu fassen wären?
Diese Stereotype gibt es in den Erzählungen und Romanen, teils auch regelrechte Entgleisungen in Briefen und Tagebüchern – all das stelle ich nicht infrage und relativiere es auch nicht. Teilweise kippt Thomas Manns Rede selbst dort, wo er sich ausdrücklich als »Philosemit« bezeichnet, in antisemitische Klischees. Worum es mir geht, ist vielmehr eine Verkomplizierung des Bildes, indem ich Manns Abscheu vor dem politischen Antisemitismus und sein engagiertes Dagegenhalten mit in den Blick nehme – und eben sein Eintreten für den Zionismus. Mein Eindruck ist, dass sich bezogen auf Thomas Manns Verhältnis zu »den« Juden jedes, wirklich jedes Pauschalurteil verbietet.
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