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Boom, Boom, Boom!

Bei Rüstungsunternehmen klingeln weltweit die Kassen - trotz Corona-Pandemie

Ein Anteil dieses Bildes wird in der Pandemie benötigt. Der Panzer ist es nicht.
Ein Anteil dieses Bildes wird in der Pandemie benötigt. Der Panzer ist es nicht.

Breite Kritik rufen die Zahlen des in Stockholm ansässigen Friedensforschungsinstituts Sipri zumindest unter Linken hervor. Am Montag präsentierte die schwedische Stiftung die Zahlen des Jahres 2020 zur Entwicklung bei den Waffen- und Rüstungsgüterverkäufen. Zum sechsten Mal in Folge steigen die Einnahmen der Branche. Mit mittlerweile 470 Milliarden Euro setzte sie 17 Prozent mehr um, als vor sechs Jahren. »Die neuen Sipri-Zahlen beweisen einmal mehr, dass die Staaten dieser Welt in Krisenzeiten falsche Prioritäten setzen. Diese Waffengeschäfte und -exporte sind ebenfalls eine Art globaler Pandemie«, sagte Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des katholischen Hilfswerks Misereor, der »Neuen Osnabrücker Zeitung«.

Die Weltgemeinschaft sei durch die Corona-Pandemie gefordert wie selten. Für viele Menschen bedeute sie den Verlust ihrer Lebensgrundlagen, mahnte Spiegel. Gleichzeitig boome die Rüstungsindustrie, und auch deutsche Hersteller hätten »gute Geschäfte zulasten von Menschen in Konfliktregionen und auf Kosten zahlreicher Gewaltopfer« gemacht. Die neue Bundesregierung müsse »Ernst machen mit ihren Ankündigungen zur Exportkontrolle und Abrüstung«, forderte Spiegel.

Zu den Top-Verdienern zählen nach wie vor die USA und China, deren Konfliktpotenzial auf politischer Ebene stetig wächst. Dabei sind 41 US-Waffenschmieden für mehr als die Hälfte der Verkäufe verantwortlich. Der von ihnen erzielte Umsatz aus Rüstungsgeschäften belief sich auf 252 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anstieg um knapp zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der weltweit größte Waffenhersteller Lockheed Martin erzielte einen Umsatz von 51 Milliarden Euro. Abermals führte der Konzern damit die Sipri-Liste an, gefolgt von Raytheon Technologies, Boeing, Northrop Grumman und General Dynamics. Den zweitgrößten Anteil an den Waffenverkäufen verbuchte China mit 13 Prozent, gefolgt von Großbritannien (7,1 Prozent) und Russland.

Die fünf im Ranking vertretenen chinesischen Konzerne setzten 59 Milliarden Euro um und legten damit um 1,5 Prozent zu. Chinesische Firmen zählten mittlerweile zu den »fortschrittlichsten Herstellern von Militärtechnologie weltweit«, sagte Sipri-Forscher Nan Tian. Die sieben britischen Rüstungsfirmen meldeten Umsätze in Höhe von 33 Milliarden Euro, ein Plus von 6,6 Prozent.

Die Präsidentin des evangelischen Hilfswerks »Brot für die Welt«, Dagmar Pruin, sagte, es sei schwer nachzuvollziehen, dass staatliche Rüstungsausgaben weltweit ausgerechnet in einer Zeit stiegen, in der die Weltwirtschaft um 3,1 Prozent geschrumpft sei: »Es ist bitter, dass internationale Waffengeschäfte florieren, während Kriege und Konflikte Millionen Menschen in die Flucht treiben.«

Die Branchenriesen profitierten von der anhaltenden Nachfrage der Regierungen nach militärischen Gütern und Dienstleistungen, erklärte Sipri-Forscherin Alexandra Marksteiner. »In weiten Teilen der Welt stiegen die Militärausgaben, und einige Regierungen beschleunigten sogar die Zahlungen an die Rüstungsindustrie, um die Auswirkungen der Covid-19-Krise abzumildern.«

Die 26 europäischen Unternehmen waren dem Bericht zufolge mit Verkäufen im Wert von 96 Milliarden Euro für etwa ein Fünftel der Umsätze der 100 größten Rüstungskonzerne verantwortlich. Das einzige europäische Unternehmen unter den ersten zehn auf der Liste, BAE Systems, konnte seinen Umsatz um 6,6 Prozent auf 21 Milliarden Euro steigern. Die Verkäufe der russischen Waffenschmieden hingegen gingen das dritte Jahr in Folge zurück. Gegenüber 2019 sanken sie um 6,5 Prozent auf 23,4 Milliarden Euro.

Die vier deutschen Rüstungsunternehmen auf der Liste setzten 2020 Waffen im Wert von 7,8 Milliarden Euro um. Der laut Sipri größte deutsche Waffenbauer, der in Düsseldorf ansässige Konzern Rheinmetall, steigerte seine Umsätze damit um mehr als fünf Prozent. Auch das auf Rüstungselektronik spezialisierte Unternehmen Hensoldt verzeichnete ein Umsatzplus. Einen Rückgang bei den Verkäufen meldeten ThyssenKrupp und Krauss-Maffei Wegmann.

Lesen Sie auch »Krieg unter deutschen Augen« von Daniel Lücking

Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, forderte die Ampel-Koalition zur Abrüstung auf: »Statt pauschaler Lippenbekenntnisse zu Rüstungszielen braucht es ein verbindliches Verbot von Rüstungsexporten, erst recht in alle Krisengebiete.« Mit Agenturen

Korrektur: In einer vorherigen Version war ein Halbsatz enthalten, der irrtümlich die russischen 23,4 Milliarden Einnahmen einzig der Firma Rheinmetall zuschrieb. Vielen Dank an den aufmerksamen Leser, der auf den Fehler hinwies.

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