Prinz von Preußen ist vom Tisch

Streit mit der Linken um angeblich verlangtes Wohnrecht auf Schloss Cecilienhof nähert sich dem Ende

Georg Friedrich Prinz von Preußen wird nicht ins Potsdamer Schloss Cecilienhof einziehen. In diesem Schloss steht der berühmte runde Tisch, an dem die Anti-Hitlerkoalition 1945 die Potsdamer Konferenz abhielt und die Auflösung Preußens beschloss. In diesem Schloss durfte Georg Friedrichs Urgroßvater Wilhelm Prinz von Preußen seit den späten Jahren der Weimarer Republik wieder wohnen. In diesem Schloss ließ er sich dann auch in Uniform mit Hakenkreuz fotografieren.

Nichts davon wird ihm sein Urenkel nachmachen: Das mit dem Hakenkreuz sowieso nicht - das ist doch selbstverständlich. Daran hat nie ein Zweifel bestanden. Aber auch leben will und wird er dort nicht. Die Idee ist schon lange vom Tisch. Angeblich hat Brandenburgs ehemaliger, im Dezember 2019 verstorbener Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) den Hohenzollern einst den Floh eines Wohnrechts auf Schloss Cecilienhof ins Ohr zu setzen versucht. Aber Georg Friedrich Prinz von Preußen hat nicht die Absicht, wirklich dorthin zu ziehen.

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Darum dreht sich ein Rechtsstreit mit der brandenburgischen Linken, der am Dienstag im Berliner Landgericht am Tegeler Weg zur Verhandlung kam. Am 8. August 2019 hatte die Partei ihre Volksinitiative »Keine Geschenke den Hohenzollern« gestartet. Ihr Anliegen dabei: Der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg sollen sich nicht auf eine Verhandlungslösung mit den Hohenzollern einlassen, weder zu der Frage von 1,2 Millionen Euro Entschädigung für nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone enteignete Besitztümer, noch zu der Frage, wem zahlreiche Kunstschätze in staatlichen Museen nun eigentlich gehören - der Allgemeinheit oder den Hohenzollern.weder über 1,2 Millionen Euro Entschädigung für nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone enteignete Besitztümer noch in diesem Zusammenhang einem Kompromiss zu der Frage, wem zahlreiche Kunstschätze in staatlichen Museen nun eigentlich gehören: der Allgemeinheit oder den Hohenzollern.

Im Text auf den Unterschriftenlisten der Volksinitiative stand geschrieben, dass die Hohenzollern ein Wohnrecht auf Schloss Cecilienhof begehren, sich eventuell auch mit Schloss Lindstedt oder der Villa Liegnitz begnügen würden.

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Dafür hat Herr Prinz von Preußen den Landesverband und extra auch noch die Landesvorsitzende Anja Mayer verklagt. Die Begründung, die sein Rechtsanwalt Markus Hennig am Dienstag im Gerichtssaal 143 noch einmal wiederholt: Zum Start der Volksinitiative am 8. August 2019 war das Thema Wohnrecht längst vom Tisch. Denn bereits am 24. Juli jenes Jahres habe sein Mandant öffentlich erklärt, am Wohnrecht solle eine »ausgewogene Gesamtlösung« der strittigen Entschädigungsansprüche und Eigentumsrechte nicht scheitern.

Richter Holger Thiel liest die Stelle extra noch einmal vor und erläutert seine Sicht der Dinge: Da es seinerzeit noch keine abgeschlossene Vereinbarung gegeben habe, die alles regelt - eine solche gibt es übrigens bis heute nicht -, hätte das Wohnrecht doch wieder auf den Tisch kommen können. »Jedenfalls zum Zeitpunkt der Volksinitiative war die Äußerung richtig«, findet Richter Thiel und verstrickt sich dazu in eine Diskussion mit Rechtsanwalt Markus Hennig. Später im Jahr 2019 war Herr Prinz von Preußen noch deutlicher geworden. Ob es dann nicht unzulässig war, weiter mit den Listen der Volksinitiative herumzulaufen? Zu sagen: »Unterschreibt mal alle hübsch.« Da sei es doch dann eindeutig gewesen, dass die Behauptung nicht stimmt, die Hohenzollern begehren ein Wohnrecht auf Schloss Cecilienhof.

Aber nein. Bei einer einmal gestarteten Volksinitiative lässt sich der Text später nicht mehr abändern, bedauert Richter Thiel. Die Landesvorsitzenden Anja Mayer und Katharina Slanina nicken dazu und auch ihr Anwalt Jasper Prigge. Er braucht in diesem Verfahren nicht viel zu sagen. Es läuft für ihn und seine Mandantinnen beinahe von selbst.

Im Hohenzollernstreit hat es inzwischen einen Kurswechsel gegeben. Es hagelt keine Klagen mehr gegen Politiker, Historiker und Journalisten, was für das Image der Hohenzollern nicht von Vorteil war. Anwalt Hennig ist schon länger das Bestreben anzumerken, die noch offenen Verfahren geräuschlos zu erledigen. Auch hier bietet er an, dass die Sache sofort vom Tisch wäre, wenn Mayer und Slanina noch einmal ausdrücklich versichern, nie wieder zu behaupten, dass die Hohenzollern in Schloss Cecilienhof zu wohnen verlangen.

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Aber wo es so gut für ihn läuft, möchte Anwalt Prigge nach kurzer Beratung mit den beiden Landesvorsitzenden ein Urteil haben, dass offenbar zu seinen Gunsten ausfallen würde. An diesem Punkt angelangt, überlegt Hohenzollern-Anwalt Hennig ohne Rücksprache laut, ob er auch ohne diese Erklärung von sich aus das Verfahren für erledigt erklären lässt, ob es ihm nicht genügt, dass Die Linke schon öffentlich eingeräumt hat, dass sein Mandant kein Wohnrecht verlangt, jedenfalls jetzt nicht mehr. Er entscheidet sich schließlich dagegen. So hält er sich die Möglichkeit offen, bei einer juristischen Niederlage in die zweite Instanz zu gehen.

Die Sitzung wird geschlossen. Das Gericht zieht sich zurück und will ein Urteil noch am selben Tage fällen, das dann telefonisch in der Geschäftsstelle erfragt werden kann und später schriftlich ergeht. Bei Redaktionsschluss dieser Seite war das Urteil noch nicht bekannt. Es spricht aber nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung wenig bis nichts dafür, dass Die Linke und Anja Mayer in dieser ersten Instanz verlieren.

Zwischendurch redete Anwalt Hennig den beiden Landesvorsitzenden ins Gewissen: »Sagen sie nicht morgen wieder der Presse, dass wir die Volksinitiative verhindern wollten. Das stimmt nicht.« Nur sollte niemand aufgrund falscher Informationen unterzeichnen.

Die normalerweise einjährige Frist zum Sammeln der Unterschriften war wegen der Corona-Pandemie um ein halbes Jahr verlängert worden. Am 8. Februar 2021 hatte Die Linke 22 061 Unterschriften abgegeben. Bei der Prüfung durch den Landeswahlleiter sind 20 537 als gültig eingestuft worden. Das Quorum für Volksinitiativen - es liegt in Brandenburg bei 20 000 Unterschriften - war damit erreicht.

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