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Alleingelassen
Ulrike Wagener über die Gewalt gegen Geflüchtete in Deutschland
Gewalt gegen Schutzsuchende wird hierzulande zu oft ignoriert. Dabei gibt es sechs flüchtlingsfeindliche Vorfälle pro Tag, darunter eine Körperverletzung und ein Brandanschlag pro Woche. Die Zahlen zu Gewalt gegen Frauen werden mittlerweile in einer Pressekonferenz von Bundeskriminalamt und Regierung verkündet. Die Zahlen zu Gewalt gegen Geflüchtete wurden dagegen im Rahmen einer Langzeituntersuchung der Nichtregierungsorganisationen Amadeu Antonio Stiftung und Pro Asyl vorgestellt. Das sagt viel darüber aus, welchen Stellenwert Geflüchtete in dieser Gesellschaft haben.
Die rassistische Gewalt geht nicht nur von Rechtsradikalen, sondern auch vom Staat aus. Es gibt zahlreiche Berichte von Schutzsuchenden, die an den EU-Außengrenzen von Polizei und Grenzschutz misshandelt und geschlagen wurden. Zuweilen waren auch deutsche Bundespolizisten beteiligt und halfen etwa bei illegalen Push-Backs im Mittelmeer. Und seitdem Tausende Menschen versuchen, über Belarus und Polen in die EU zu gelangen, wird diese Gewalt nicht mehr großartig verheimlicht. Gewalt gegen Menschen, die vor Krieg und Folter fliehen, wird normalisiert - innerhalb und außerhalb deutscher Grenzen. Geflüchtete werden politisch markiert als Menschen zweiter Klasse.
Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionspapier oft die Wahrung der Menschenrechte betont. »Wir wollen die illegalen Zurückweisungen und das Leid an den Außengrenzen beenden«, heißt es dort. Doch bisher ist nichts passiert. Deutschland müsste ein Zeichen setzen, die Menschen aufnehmen und dafür sorgen, dass sie in diesem Land sicher leben können. Die Bundesregierungen haben es jedoch bisher in Kauf genommen, dass Geflüchtete an den EU-Außengrenzen sterben. Somit ist es nicht verwunderlich, dass sie es auch in Kauf nehmen, dass diese Menschen in Deutschland geschlagen, misshandelt und getötet werden.
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