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Unter Beobachtung
Robert D. Meyer über AfD-Mitglieder im Staatswesen
Wir können froh sein, dass die Bundesrepublik die Ära des Radikalenerlasses hinter sich gelassen hat. In den 70er Jahren verbaute die obligatorische Abfrage auf »Verfassungstreue« Tausenden Menschen eine Karriere im Staatsdienst – sei es als Lehrer*innen, Richter*innen oder Staatsanwält*innen. Am Ende traf es häufig Linke, es reichte bereits das Engagement in einer Gruppe oder Partei wie der DKP aus und die Verbeamtung wurde zum unerreichbaren Ziel. Dem Verfassungsschutz kam eine enorme Macht zu – eine demokratisch fragwürdige Institution zerstörte durch ihre Einschätzung Lebenswege. Mit Ausnahme Bayerns, wo seit 2016 wieder Anfragen zu Bewerber*innen auf Richterstellen beim Inlandsgeheimdienst gestellt werden, ist diese Praxis passé.
Man sollte diese Dinge im Hinterkopf haben, um sich eine Meinung über die Meldung bilden zu können, dass der AfD-Politiker Jens Maier nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag bald wieder an einem sächsischen Gericht Urteile fällen wird. Nach aktueller Gesetzeslage steht ihm dieses Rückkehrrecht zu.
Das ist alles schwer verdaulich: Maier macht keinen Hehl aus seiner völkischen Gesinnung, nannte sich selbst den »kleinen Höcke«, er steht stramm an der Seite des Thüringer Faschisten. 2017 warnte er im Wahlkampf vor der »Herstellung von Mischvölkern«; dem Rechtsterroristen Anders Breivik attestierte er, dieser sei »aus Verzweiflung heraus zum Massenmörder geworden«. Die Liste der Abscheulichkeiten ließe sich fortsetzen.
Dennoch ist es wichtig, dass Richter*innen nicht ohne Weiteres aus ihren Ämtern entfernt werden können, die hohe Hürden sichern ihre Unabhängigkeit. Tatsächlich gibt es ein anwendbares Instrumentarium: Maier hat kein Anrecht auf seine alte Dienststelle am Landgericht Dresden. Auch darf er Politik und aktives Richteramt nicht vermengen. Sein Parteikollege Thomas Seitz verlor genau deshalb 2018 in Baden-Württemberg den Beamtenstatus als Staatsanwalt.
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