- Kommentare
- Asyl in Europa
Koalition der Abschiebewilligen
Ulrike Wagener über die Pläne der Innenministerin für das Asylsystem
Es ist ein Hoffnungsschimmer, wenn Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ankündigt, eine »Koalition der aufnahmewilligen Mitgliedsstaaten« in der Europäischen Union zu bilden. Menschenrechtsorganisationen forderten seit Jahren, das Zustandekommen eines funktionierenden Asylsystems nicht von den Mitgliedsstaaten abhängig zu machen, die geflüchteten Menschen ihr Recht auf Asyl kategorisch verweigern. Mit dem deutschen Oberblockierer Horst Seehofer (CSU) war das nicht möglich.
In die Illegalität getrieben. Stadt Chemnitz entzieht vietnamesischer Familie Aufenthaltsrecht
Doch mehr als ein kleiner Hoffnungsschimmer ist Faesers Ankündigung nicht – wenn überhaupt. EU-Innenkommissarin Ylva Johansson stellte sogleich klar, dass »Solidarität« der Mitgliedsstaaten nicht nur in der Aufnahme, sondern auch in der Abschiebung von Geflüchteten bestehen könne. Sie lobte das massenhafte Ausfliegen von Menschen aus der polnisch-belarussischen Grenzregion, die in der EU Schutz gesucht hatten, in ihre Herkunftsländer – wo ihnen Repression und Krieg drohen. Statt die stetigen Menschenrechtsverletzungen vor Ort zu kritisieren, wird Polen damit indirekt für die Einrichtung einer rechtsfreien Zone gelobt, aus der Menschen ohne Asylverfahren abgeschoben werden. Trotz schöner Worte: Im Kern bleibt die EU eine Koalition der Abschiebewilligen.
Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Dank der Unterstützung unserer Community können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen
Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.