Durchseuchung bitte erst später!

Max Zeising plädiert für Umsicht bei Corona-Öffnungsstrategien

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 2 Min.
»Nichts ist gewiss in der Ungewissheit« – diese Plattitüde brachte der CDU-Abgeordnete Sepp Müller vergangene Woche in der Bundestagsdebatte über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Damit hat er allerdings nur teilweise recht. Denn eines ist gewiss: Jeder Mensch wird irgendwann in Kontakt mit dem Coronavirus treten. Ein Virus, das so schnell mutiert, immer wieder an »Fitness« gewinnt, lässt sich nicht ausrotten. Es ist deshalb vollkommen richtig, trotz weiterhin hoher Infektionszahlen über Öffnungsstrategien nachzudenken. Allerdings ist fraglich, ob jetzt schon der richtige Zeitpunkt für eine totale Öffnung wie in Dänemark gekommen ist.

Drei Fakten sprechen dagegen. Erstens: Gerade unter den Älteren ist der Anteil der Ungeimpften noch zu hoch. Erkranken sie, landen sie viel wahrscheinlicher im Krankenhaus als Geimpfte. Zweitens: Für die Impfung von Kleinkindern unter fünf Jahren gibt es noch keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission. In dieser Altersgruppe sind bislang nur Off-Label-Impfungen möglich: Manche Ärzt*innen impfen Kleinkinder trotz fehlender Zulassung der Impfstoffe. Drittens: Es gibt noch zu wenige Daten über das Risiko, mit einer Omikron-Infektion an Long Covid zu erkranken.

»Die ideale Immunisierung ist, dass man eine vollständige Impfimmunisierung hat mit drei Dosen und auf dem Boden dieser Immunisierung sich dann erstmalig und auch zweit- und drittmalig mit dem Virus infiziert und dass man dadurch eine Schleimhautimmunität entwickelt«, sagt der Virologe Christian Drosten. Anders formuliert: Irgendwann müssen wir die Tore aufmachen – aber bitte erst später! Denn es ist fraglich, ob das aktuelle Maß an Durchseuchung nicht schon zu riskant ist. Viele Schüler*innen werden dem Virus ausgesetzt, ohne danach gefragt worden zu sein.

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