Ohne Rom geht nichts

Stefan Otto glaubt nicht an Reformen in der katholischen Kirche

Als der Münchner Kardinal Reinhard Marx sich für ein Ende des Pflichtzölibats für Priester ausgesprochen hat, war das eine kleine Sensation. Dies hat vor ihm noch nie ein Kardinal getan, und natürlich befeuert das die Diskussionen über Reformen in der katholischen Kirche in Deutschland. Mit Spannung wurde daher auf die dritte Versammlung des Synodalen Wegs geschaut, jenes Gesprächsprojekt, das 2019 als Reaktion auf die vielen Missbrauchsfälle gegründet wurde. Die Bischöfe diskutieren dort mit Vertretern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken sowie Gesandten kirchlicher Einrichtungen über sehr grundlegende Reformen. Es geht um Fragen von Macht, der priesterlichen Existenz oder Befugnissen von Frauen in kirchlichen Ämtern.

Diese offenen Diskussionen sind bemerkenswert. Nirgendwo sonst gibt es in der katholischen Kirche eine solche Bewegung. Aber dass der Synodale Weg wirklich Reformen anstoßen wird, ist nicht absehbar. Die Beschlüsse, die das Gremium fasst, sind nämlich in keiner Weise bindend. Es kann lediglich Empfehlungen und Bitten aussprechen. Und tatsächlich klingen Forderungen in den Diskussionen nach einer Demokratisierung der Kirche und einer Überwindung der beiden Stände – der Kleriker und der Laien – so, als seien sie unvereinbar mit dem Selbstverständnis der katholischen Kirche, die sich von Christus gestiftet und von Gott so gewollt sieht, wie sie ist. An der existierenden hierarchischen Ordnung lässt der Vatikan keine Zweifel. Spielraum für Reformen gibt es eigentlich nicht. Das letzte Wort hat immer Rom, so geschehen beim Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx im Mai, das Papst Franziskus nicht angenommen hat.

Der Synodale Weg wird somit nur wenig erreichen können. Der Frust der vielen Gläubigen in Deutschland, die auf Reformen hoffen, wird dadurch nicht geringer. Massenhafte Kirchenaustritte wie in Köln werden womöglich bald häufiger zu beobachten sein.

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