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Sieben Linke machen’s mit Kubicki

Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht und andere Linke-Abgeordnete unterzeichnen Antrag gegen Impfpflicht

  • Max Zeising
  • Lesedauer: 4 Min.
Gemeinsam gegen die Impfpflicht: Wolfgang Kubicki und Gregor Gysi.
Gemeinsam gegen die Impfpflicht: Wolfgang Kubicki und Gregor Gysi.

Nach der Orientierungsdebatte über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht gegen das Coronavirus trudeln nun die einzelnen Anträge ein. Darunter auch einer, den insgesamt sieben Abgeordnete der Linksfraktion unterzeichnet haben: Gemeinsam mit dem FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sprechen sich Gregor Gysi, Sahra Wagenknecht, Sevim Dağdelen, Matthias W. Birkwald, Andrej Hunko, Żaklin Nastić und Alexander Ulrich gegen die Impfpflicht aus. In dem Antrag, der »nd.Der Tag« vorliegt, heißt es: »Selbst eine nicht auf Ausrottung, sondern auf dauerhafte und nachhaltige Entlastung des Gesundheitssystems abzielende allgemeine Impfpflicht hängt an noch nicht abschließend geklärten Fragen der Schutzdauer und des Schutzumfangs einer Impfung in den jeweiligen Altersgruppen.«

Nach Ansicht der Antragssteller*innen bestünden entscheidende Unterschiede zu den Impfungen etwa gegen Masern, die eine Wirksamkeit von 98 bis 99 Prozent garantieren. In der Tat liegt dieser Wert bei den Impfstoffen gegen Corona, vor allem gegen die derzeitige Omikron-Variante, deutlich darunter. »In Anbetracht der Schwere des mit einer allgemeinen Impfpflicht verbundenen Grundrechtseingriffs fallen diese Unwägbarkeiten besonders in Gewicht«, heißt es in dem Papier, das – wie alle weiteren Anträge für oder gegen die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht – in der ersten Sitzungswoche im März (14.-18.3.) dem Plenum vorgestellt werden soll. Die insgesamt 50 Unterzeichner*innen, die vor allem aus den Reihen der FDP kommen, konkludieren: »Der Bundestag kann eine allgemeine Impfpflicht nicht beschließen, solange er nicht einmal die Häufigkeit der mit der Pflicht verbundenen Schutzimpfungen kennt.«

Linksfraktion nicht geschlossen

Es ist eine ungewöhnliche Konstellation, die sich der von Bundeskanzler Olaf Scholz gewollten, aber innerhalb der Ampel-Koalition wegen der FDP nicht durchsetzbaren Impfpflicht entgegenstellt: Neben den 40 Liberalen und den sieben Linken gehören auch die Grünen-Abgeordnete Tabea Rößner sowie Jana Schimke und Jens Koeppen von der CDU/CSU-Fraktion zur Kubicki-Gruppe. Insbesondere die Linke-Zugpferde Wagenknecht und Gysi hatten sich zuletzt wiederholt gegen die Impfpflicht ausgesprochen – doch geschlossen steht die Linksfraktion in dieser Frage nicht. Der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte etwa bezeichnete die Impfpflicht in einem Positionspapier zur Corona-Pandemie als »letztes Mittel«, die Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler in der Orientierungsdebatte im Bundestag vor drei Wochen als »letzte Möglichkeit, wenn anders der Schutz der Gesundheit und die Wiedererlangung der Freiheiten nicht erreicht werden können«. Dann, so Vogler, könne eine Impfpflicht »nicht nur verfassungsgemäß, sondern dringend geboten sein«.

Die Linke-Parteivorsitzende Susanne Hennig-Wellsow hat sich am Mittwoch tendenziell für die allgemeine Impfpflicht ausgesprochen. »Im Moment« würde sie für den Antrag der Gruppe um den SPD-Politiker Dirk Wiese und den Grünen-Gesundheitsexperten Janosch Dahmen stimmen, der eine Impfpflicht ab 18 Jahren vorsieht, sagte sie im Gespräch mit »nd.Der Tag«. »Ausreichende Impfungen sind kein Wundermittel – aber nach Ansicht der allermeisten Expertinnen und Experten immer noch wesentliche Voraussetzung dafür, um erstens das Leben von Gefährdeten und das Gesundheitssystem zu schützen, und zweitens endlich aus dem Kreislauf von Lockerungen und Verschärfungen herauszukommen«, so Hennig-Wellsow. Da eine entsprechende Impfquote bisher »trotz aller Appelle« nicht erreicht worden sei, bleibe deshalb »eine allgemeine Impfpflicht ab 18, der ein verpflichtendes Beratungsgespräch vorgeschaltet ist«, eine »politische Option als Ultima Ratio«.

In einer Sache sind sich Hennig-Wellsow und Gysi aber einig: Die Impfquote müsse erhöht werden. In ihrem Antrag fordert die Kubicki-Gruppe, »die Anstrengungen unterhalb des Grundrechtseingriffs einer Impfpflicht oder sogenannter 2G-Maßnahmen zu intensivieren«, etwa durch mehrsprachige Aufklärungs- und Werbespots sowie eine breite, von relevanten gesellschaftlichen Akteuren wie Kirchen und Sportvereinen mit getragene Impfkampagne. Des Weiteren solle die Bundesregierung niedrigschwellige Impfangebote beispielsweise bei Großveranstaltungen intensivieren sowie die Möglichkeit persönlicher Anschreiben mit dem Angebot eines Impftermins für alle Bürger*innen prüfen.

Neben der Wiese- und der Kubicki-Gruppe gibt es noch den FDP-Gesundheitsexperten Andrew Ullmann, der mit anderen Liberalen und Grünen einen Mittelweg befürwortet. In ihrem am Mittwoch vorgestellten Gesetzentwurf plädiert die Ullmann-Gruppe für eine Impfpflicht ab 50, allerdings erst nach Überwindung hoher Hürden. Zunächst solle es eine Beratungspflicht für alle Bürger*innen ab 18 geben, die Impfpflicht solle dann erst in einem zweiten Schritt durch einen gesonderten Beschluss des Bundestags zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt werden können – und zwar auf Grundlage einer Stellungnahme der Bundesregierung »jederzeit nach dem 15. September 2022«.

Unionsfraktion für »Impfvorsorgegesetz«

Bereits am vergangenen Freitag stellte die Unionsfraktion ihren Entwurf für ein »Impfvorsorgegesetz« vor, der einen »gestuften Impfmechanismus« beinhaltet: Demnach soll der Bundestag vergleichbar mit dem Mechanismus zur Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite die Möglichkeit bekommen, bei Vorliegen konkreter Voraussetzungen die Aktivierung eines Impfmechanismus zu beschließen.

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