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  • Proteste gegen die Sicherheitskonferenz

Friedensbewegung für Abrüstung und Entspannung

Tausende protestierten rund um das Tagungshotel gegen die Münchener Sicherheitskonferenz, Kriegspropaganda und Atomwaffen

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.

Nach der Corona-Zwangspause meldete sich am Samstag in München eine lebendige Friedensbewegung zurück: Mehr als 3000 Teilnehmer zogen unter dem Motto »Stoppt den Kriegskurs der Nato-Staaten« in einem Bogen um das Nobelhotel »Bayerischer Hof«, in dem gleichzeitig die sogenannte Sicherheitskonferenz tagte. Es war die 20. Demonstration gegen die Sicherheitskonferenz, hier wie dort war die Konfliktsituation in der Ukraine das zentrale Thema und somit stand das Jubiläum unter der akuten Drohung eines erneuten Krieges in Europa unter Beteiligung des westlichen Militärbündnisses – nach dem Nato-Krieg gegen Jugoslawien.

Die Teilnehmenden brachten ihren Unmut über die massive mediale Kriegspropaganda der vergangenen Tage zum Ausdruck. »Wer auf westliche Massenmedien hört, kann sicher sein, er wird betört«, war etwa auf Plakaten bei der Auftaktkundgebung am Münchner Stachus zu lesen. Oder: »Heute perfekte Show, morgen perfekter Krieg«. »Wir gehen so lange auf die Straße, bis diese Kriegshetze vorbei ist«, sagte ein Sprecher des Aktionsbündnisses, das den Protest organisierte.

Was aufgrund von Corona im vergangenen Jahr fast völlig fehlte, wurde dann Realität: Ein langer Demonstrationszug durch die Münchner Innenstadt, die meisten Teilnehmer mit Masken »vermummt« – so etwas hätte es früher in Bayern nicht gegeben. Was es diesmal auch nicht gab, war das übliche Polizeigerangel um Seitentransparente, bis auf zwei Festnahmen verlief die Demonstration weitgehend störungsfrei. Dies auch angesichts der Tatsache, dass der Zug am Odeonsplatz an einer Kundgebung von rund 150 pro-ukrainischen Demonstranten vorbeizog. Dort waren Parolen zu lesen wie »Wer sich weigert, die Ukraine zu bewaffnen, ist für den Krieg« oder »Falls der letzte ukrainische Soldat fällt, wird Putin zu dir kommen«.

Die Organisatoren der Anti-Siko-Demo fordern Abrüstung statt milliardenschwerer Aufrüstung, die Beendigung aller Auslandseinsätze der Bundeswehr und den Stopp der »Beteiligung an der Atomkriegsstrategie der USA«. Bei der Sicherheitskonferenz gehe es nicht um die Sicherheit der Menschen, sondern um die »Sicherung der strategischen Vormachtstellung westlicher kapitalistischer Staaten und ihrer Konzerne«, sie diene vor allem der Rechtfertigung von Milliarden Rüstungsausgaben Deutschlands und der EU. Auf der Abschlusskundgebung forderte Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete der Linken, die Bundesregierung auf, zur Entspannung in der Ukraine-Krise beizutragen.

Die Großdemonstration war der Höhepunkt einer Reihe von Veranstaltungen gegen die Sicherheitskonferenz. Dazu gehörte etwa »Beten für den Frieden« von Pax Christi und auch die Internationale Münchner Friedenskonferenz. Diese beschäftigte sich am Vorabend der Demonstration mit den Themen militärische Nutzung der Atomenergie und dem Verhältnis Russland-Ukraine. Matthias Platzeck, Ex-Ministerpräsident von Brandenburg und Vorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, forderte in einem Videostatement, man müsse Russland wieder zurück in das europäische Boot holen.

Zum Thema Atomenergie erklärte Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in ihrem Beitrag zur Friedenskonferenz, dass diese auch die Gefahr der militärischen Waffen berge, was man nicht verschweigen dürfe. Sie habe eine »Machtkomponente«, die die Erneuerbaren Energien nicht hätten. Auch Angela Claußen der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges kritisierte die Leugnung des Zusammenhangs zwischen ziviler und militärischer Nutzung der Atomenergie und forderte ein Atomwaffenverbot für alle Länder. Über die gesundheitlichen Folgen der Atomtests auf dem Bikini-Atoll sprach die Professorin Meitaka Kendall-Lekka, die online von den Marshall-Inseln zugeschaltet war. Susie Snyder aus den USA forderte die Menschen auf, sich bei ihrer Bank dafür einzusetzen, keine Geldmittel für Firmen mit Beteiligung an atomaren Rüstungsprojekten fließen zu lassen.

Die Friedenskonferenz verabschiedete auch den »Münchner Appell«. Darin heißt es: »Am 3. Januar 2022 haben die fünf Atommächte China, Frankreich, Russland, USA und Großbritannien in einer gemeinsamen Erklärung betont, dass ein Nuklearkrieg nicht gewonnen werden kann und niemals geführt werden darf. Solange nukleare Waffen existieren und deshalb ein Mittel militärischer Auseinandersetzungen sein können, besteht die Notwendigkeit zu nuklearer Abschreckung indes nach ihrer Auffassung und der der Bundesregierung fort.« Doch solange es nukleare Waffen gebe, könnten sie potenzielles Mittel einer militärischen Auseinandersetzung sein, die nur Verlierer kennt. Die Friedensbewegung fordert in ihrem Appell die Bundesregierung auf, mit den USA Verhandlungen über den Abzug der Atomwaffen auf deutschem Boden aufzunehmen und den Atomwaffenverbotsvertrag bis 2024 zu unterzeichnen.

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