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Neuer Bomber sichert Deutschland Mitsprache bei Atomwaffeneinsätzen

Russlands Krieg gegen die Ukraine bietet der Bundesregierung den Anlass zur raschen Anschaffung von F-35-Tarnkappenjets

  • René Heilig
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer hat, der kann. Gerade hat die Bundeswehr eine Sonderausschüttung von 100 Milliarden Euro zusätzlich zum jährlichen Militäretat von gut 50 Milliarden Euro zugesagt bekommen, und schon sind die Beschaffer auf Einkaufstour. Nach wochenlangem Munkeln ist nun klar: Die Luftwaffe soll bis zu 35 Stealth-Kampfflugzeuge bekommen.

Die F-35-Tarnkappenjets gelten als das Nonplusultra westlicher Ingenieurkunst. Wegen ihrer Form und Außenbeschichtung erzeugen sie ein sehr kleines Radarecho, sind also nahezu »unsichtbar«. Auftragnehmer ist die US-Rüstungsschmiede Lockheed Martin. Die F-35, daran besteht kein Zweifel, ist für die kommenden Jahrzehnte das Standard-Kampfflugzeug des Westens. Mit der Maschine, die auch »Lightning II« genannt wird, gewann der Konzern in den vergangenen Jahren zahlreiche Ausschreibungen, nicht nur in Nato-Staaten. Zuletzt siegte der angebliche Tarnkappen-Alleskönner in der Schweiz und in Finnland. In Großbritannien, Italien, den Niederlanden und in Norwegen sind die Jets dieses Typs bereits im Einsatz. Belgien, Dänemark und Polen werden demnächst folgen.

Nur Deutschland sah lange keine Option darin, die vier Jahrzehnte alten »Tornado«-Jagdbomber durch F-35-Maschinen zu ersetzen. 2019 hatte die damalige Große Koalition eine Beschaffung der F-35 sogar ausgeschlossen - und sich kurz darauf für den Kauf neuer »Eurofighter« und von Boeing-Maschinen F/A-18 »Super Hornet« ausgesprochen, die leicht modifiziert auch für die elektronische Kampfführung geeignet sind. Letztere Fähigkeit wird innerhalb der Nato wie Goldstaub gehandelt. Auf dem Gebiet öffnet sich nun wie zum Trost eine kleine Lücke, in die die »Eurofighter«-Hersteller hineinstoßen werden.

Woher kommt der Richtungswechsel bei der Beschaffung neuer deutscher Jets? Die F-35 ist ein sogenannter Dual-Capable-Aircraft und sie ist - wie Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz betonte - marktverfügbar. Sie sichert Deutschland nahtlos die sogenannte nukleare Teilhabe. Die beinhaltet nicht nur die Pflicht, bereits nahe dem deutschen Büchel gelagerte US-Atombomben gegebenenfalls auf vorbestimmte Ziele zu werfen. Sie sichert zugleich eine Mitsprache deutscher Militärs bei der Auswahl dieser Ziele.

Flugzeuge mit nuklearen Fähigkeiten müssen dafür eine lange Zertifizierungsprozedur durchlaufen. Für die F/A-18 wurde diese bereits vor vielen Jahren abgeschlossen, doch die Zertifizierung hätte erneuert werden müssen - auch, weil die USA ihre taktischen Atombomben gerade modernisieren.

B 61-12 lautet die Typenbezeichnung für die neuen Massenvernichtungsmittel, die weitaus »intelligenter« sein sollen, als die bisher verwendeten. Mit diesem Bombentyp hat die F-35 gerade auf der Edwards Air Force Base ein 492-Punkte-Testprogramm absolviert. Die geplante dreijährige Erprobungskampagne konnte ein Jahr früher als geplant beendet werden, der Zertifizierung im kommenden Jahr steht also nichts mehr im Wege. Deutschland wird also einen für den Atomwaffeneinsatz optimierten Jet erhalten.

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Weltweit sind rund 750 »Lightnings« im Dienst, 470 000 Flugstunden wurden mit dem Typ absolviert, fast 1600 Piloten und über 11 000 Techniker sind an der Maschine ausgebildet. Demnächst werden wohl Bundeswehrpiloten und andere Spezialisten an den F-35-Hightech-Jets geschult. Auch wenn jüngst zwei F-35 der US-Luftwaffe auf dem Berliner Flughafen BER notlanden mussten - die Verfügbarkeitsrate der F-35 soll bei über 80 Prozent liegen. Das klingt in den Ohren deutscher Militärs wie ein kaum zu erreichendes Traumergebnis.

Im kommenden Jahr will Lockheed Martin gemeinsam mit den Zulieferern 156 Flugzeuge ausliefern und diese Rate auch danach beibehalten. Dafür habe man sich auf die »Neuausrichtung« des Programms geeinigt, »Vorhersehbarkeit und Stabilität im Produktionsprozess« seien gewährleistet, teilte das Unternehmen jüngst mit.

Insbesondere in Frankreich betrachtet man die deutsche Entscheidung für die F-35 mit Argwohn, denn der Kauf des Stealth-Fighters könnte die verabredeten gemeinsamen Bemühungen um das künftige europäische Kampfflugzeug namens Future Combat Air System (FCAS) bremsen. Schließlich ist die F-35 als Kampfjet der fünften Generation mehr als nur eine Brückenlösung für die nukleare Teilhabe. Mit einiger Gewissheit ist davon auszugehen, dass die Neuanschaffungen weit über das Jahr 2040 hinaus im Dienst bleiben. Bis dahin, so ist es verabredet, soll auch das FCAS truppentauglich sein.

Protest gegen neue Atombomber kommt unter anderem von der Linkspartei, von Greenpeace oder der Deutschen Friedensgesellschaft. Spannend wird sein, wie die bisher atomwaffenkritischen Grünen ihre Wählerschaft zum Kurswechsel überreden. Auch die FDP hatte unter Außenminister Guido Westerwelle Ambitionen, die US-Atomwaffen aus Deutschland zu verabschieden.

Derzeit sind F-35-Maschinen bereits an den Ostgrenzen der Nato im Einsatz. Die USA haben jüngst zwölf F-35 A aus dem Bundesstaat Utah auf den US-Stützpunkt Spangdahlem in der Eifel verlegt. Sie waren auch schon auf der estnischen Basis Ämari sowie auf dem rumänischen Stützpunkt Fetesti zu sehen.

Insgesamt hat die Nato nach eigenen Angaben derzeit rund 100 Kampf- und Unterstützungsflugzeuge in den östlichen Mitgliedsländern im Einsatz - zusätzlich zu den eigenen Jets dieser Staaten.

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