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Keine Kohle mehr für russische Steinkohle
Neues Sanktionspaket der EU
Schließung europäischer Häfen für russische Schiffe, Strafmaßnahmen gegen mehr Banken, Ausfuhrstopp bei elektronischer Ausrüstung - die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten haben sich am Donnerstagabend auf ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland geeignet. Dazu gehört auch ein Einfuhrstopp für Steinkohle aus dem osteuropäischen Land. Das Kohle-Embargo tritt 120 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft - also Anfang August. Die Zeit braucht man vor allem, weil zuletzt rund 45 Prozent der in der EU verfeuerten Steinkohle aus Russland kamen und ersetzt werden sollen. Vier Milliarden Euro wurden 2021 dafür bezahlt.
In Deutschland war der Anteil noch etwas größer. Hauptabnehmer sind hier die Energiekonzerne RWE, Uniper (ehemals Eon) und EnBW. Sie benötigen den klimaschädlichen Brennstoff für ihre Steinkohlekraftwerke. Rund 80 von ihnen gibt es in Deutschland. Da sie fast nur Strom erzeugen, betrug ihr Anteil am Primärenergieverbrauch zuletzt nicht einmal neun Prozent. Außerdem verfeuert noch die Stahlindustrie große Mengen Koks.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Knapp 40 Millionen Tonnen Steinkohle wurden 2021 nach Deutschland eingeführt. Wie der Verein der Kohlenimporteure berichtet, gab es schon seit September immer wieder Lieferprobleme aus Russland. Als Gründe vermutet der Verband die Coronakrise und, dass die Güterzüge mehr für Militärtransporte benötigt wurden. Hiesige Großabnehmer schauen sich daher schon seit geraumer Zeit nach anderen Lieferanten um. Anbieter gibt es viele, und Steinkohle ist leicht zu transportieren. Der Branchenverband geht daher davon aus, dass sich die Importe aus Russland spätestens bis zum Winter komplett ersetzen ließen.
Trivial ist das indes nicht. Hiesige Kraftwerke setzen seit Jahren aus Qualitätsgründen ausgerechnet auf eine Mischung aus russischer und amerikanischer Kohle. Dies müsste nun umgestellt werden. Als mögliche Lieferanten nennen die Importeure Kolumbien, die USA, Südafrika, Australien, Mosambik und Indonesien. Diese sind weit entfernt - ein Transport braucht statt einigen Tagen aus Russland mehrere Wochen. Preislich würde sich das weniger bemerkbar machen als die aktuellen, spekulativen Marktaufschläge.
Umgekehrt könnte Russland künftig mehr nach China und Indien verkaufen. Am Ende könnten die EU-Sanktionen daher zum finanziellen Nullsummenspiel werden. Aber nicht fürs Klima - durch die längeren Transportwege wird Steinkohle für noch mehr CO2-Emissionen sorgen.
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